Rz. 17
Eine Vereinbarung i.S.d. Kartellrechts liegt nach ständiger Rspr. schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten.[31] Die Form, in der der gemeinsame Wille zum Ausdruck gebracht wird, ist nicht relevant.[32] Neben einer ausdrücklichen Zustimmung genügt ein stillschweigendes bzw. konkludentes Verhalten[33] und unter Umständen sogar die widerspruchsfreie Entgegennahme einer Information. Diese sehr weite Auslegung hat Bedeutung bei der Abgrenzung von Vereinbarungen zu rein einseitigen Handlungsweisen. Besonders relevant ist sie z.B. bei der Verwendung von AGB oder bei einseitigen Anweisungen eines Vertragspartners. Der EuGH hat danach unterschieden, ob durch das einseitige Handeln ein gemeinsamer Wille zum Ausdruck gebracht wird oder ob es sich lediglich um einen Ausdruck der einseitigen Politik einer Vertragsseite handelt, die ohne Unterstützung oder ein entsprechendes Verhalten der anderen Seite durchgeführt werden kann.[34]
Beispiel
Unternehmen X sendet seinen Abnehmern systematisch Rechnungen mit dem Aufdruck "Export verboten". Halten sich die Abnehmer an dieses Verbot, kann von stillschweigender Zustimmung ausgegangen werden.[35] In der Praxis ist es daher ratsam, einem solchen Verbot ausdrücklich zu widersprechen.
Rz. 18
Irrelevant ist der rechtliche Status der Vereinbarung; auch das Bewusstsein der fehlenden rechtlichen Bindung ändert nichts an der Bewertung als Vereinbarung (sog. "Gentlemen’s Agreement"). Seit der 7. GWB-Novelle umfasst auch das deutsche Kartellverbot – ebenso wie bereits zuvor das Unionsrecht – vertikale und horizontale Vereinbarungen. Damit sind sowohl Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf gleicher Wirtschaftsstufe als auch Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette erfasst.
Rz. 19
Wenn ein Unternehmen sich an einer Absprache beteiligt, später aber davon abweicht, ändert dies nichts am Vorliegen einer Vereinbarung.[36] Auch ein Unternehmen, das an Treffen von Unternehmen mit wettbewerbswidrigem Zweck teilnimmt und sich nicht offen vom Inhalt dieser Treffen distanziert, ist als Beteiligter einer Absprache anzusehen.[37]
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