Dr. Peter Niggemann, Dr. Martin Buntscheck
Rz. 132
Art. 3 Abs. 5 FKVO nimmt unter bestimmten, engen Voraussetzungen befristete Anteilserwerbe durch Banken und Versicherungen, Kontrollerwerbe durch Träger eines öffentlichen Mandats im Insolvenzverfahren, Vergleichsverfahren etc., und Kontrollerwerbe durch Beteiligungsgesellschaften, sofern die Stimmrechte ausschließlich zur Erhaltung des vollen Werts der Investition eingesetzt werden, von der Anwendbarkeit der EU-Fusionskontrolle aus. Der in der Praxis wichtigste Anwendungsfall ist die "Bankenklausel" des Art. 3 Abs. 5 Buchst. a) FKVO.
Hiernach gilt der nur vorübergehende Anteilserwerb durch Kreditinstitute, sonstige Finanzinstitute und Versicherungsgesellschaften zum Zwecke der Weiterveräußerung nicht als Zusammenschluss,
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sofern die Erwerber das Stimmrecht aus den Anteilen nicht ausüben, um das Wettbewerbsverhalten des Zielunternehmens zu bestimmen, oder sofern sie das Stimmrecht nur ausüben, um die Veräußerung der Gesamtheit oder von Teilen des Zielunternehmens, seiner Vermögenswerte oder ihrer Anteile am Zielunternehmen vorzubereiten, und |
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sofern die Weiterveräußerung innerhalb eines Jahres erfolgt. |
Sobald die Stimmrechte ausgeübt werden, um das Wettbewerbsverhalten des Zielunternehmens zu bestimmen, oder die Anteile nicht innerhalb der Jahresfrist weiterveräußert werden, liegt (mit Wirkung "ex nunc") ein Zusammenschluss vor, der dann u.U. der EU-Fusionskontrolle unterliegt. Die Jahresfrist für die Weiterveräußerung kann gem. Art. 3 Abs. 5 Buchst. a) FKVO auf Antrag verlängert werden, wenn die Veräußerung binnen Jahresfrist nicht möglich war. Für die Einhaltung der Jahresfrist reicht es allerdings aus, dass die Beteiligung vor Ablauf dieses Zeitraums so weit reduziert wird, dass keine Kontrolle mehr vorliegt.
Um einen Verstoß gegen das Vollzugsverbot zu vermeiden, muss der Zusammenschluss mit Ablauf der Jahresfrist bzw. vor Ausübung der Stimmrechte zu Wettbewerbszwecken bei der Kommission angemeldet werden. Vor einer Freigabe dürfen die Stimmrechte nicht ausgeübt werden, um das Wettbewerbsverhalten des Zielunternehmens zu bestimmen.