Dr. Peter Niggemann, Dr. Martin Buntscheck
Rz. 223
Nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist auch "jede sonstige Verbindung von Unternehmen, aufgrund derer ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können", ein Zusammenschluss i.S.d. deutschen Fusionskontrolle.
§ 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist ein Auffangtatbestand. Er soll alle Unternehmensverbindungen erfassen, die zu Veränderungen der Marktstruktur führen bzw. führen können, ohne dass ein anderer Zusammenschlusstatbestand i.S.v. § 37 Abs. 1 Nr. 1–3 GWB erfüllt würde.
Rz. 224
Voraussetzung für ein Eingreifen von § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist, dass ein "wettbewerblich erheblicher Einfluss" auf ein anderes Unternehmen ausgeübt werden kann. Das setzt zweierlei voraus: Zum einen muss überhaupt eine Einflussmöglichkeit bestehen; zum anderen muss diese Einflussmöglichkeit darüber hinaus "wettbewerblich erheblich" sein.
Rz. 225
Wann das der Fall ist, kann im Regelfall nur anhand einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände festgestellt werden. Der in der Praxis wichtigste Anwendungsfall des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist der Erwerb von Minderheitsbeteiligungen unter 25 %. Eine feste Untergrenze gibt es insoweit nicht. Theoretisch kann schon der Erwerb einer Beteiligung von 1 % an einem anderen Unternehmen den Tatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfüllen. Der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung von unter 25 % kann allerdings nur dann unter § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB fallen, wenn zu der Minderheitsbeteiligung sog. "Plusfaktoren" hinzutreten, wie z.B. Informations-, Mitsprache- oder Kontrollmöglichkeiten. Die "wettbewerbliche Erheblichkeit" des Einflusses wird umso eher anzunehmen sein, je mehr Berührungspunkte die Tätigkeitsfelder von Erwerber und Zielunternehmen aufweisen.
Hinweis
In der Praxis hat der Tatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB bislang v.a. in der leitungsgebundenen Energiewirtschaft (z.B. beim Erwerb von Minderheitsbeteiligungen an Stadtwerken durch Verbundunternehmen) und im Verlagswesen eine Rolle gespielt.
Rz. 226
§ 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB kann auch durch mehrere Unternehmen gemeinsam verwirklicht werden. Für die "Gemeinsamkeit" des wettbewerblich erheblichen Einflusses gelten im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie bei der gemeinsamen Kontrolle.