Rz. 88
Weitere besondere Prozessvoraussetzung für die Zulässigkeit einer – selbstständigen (siehe oben Rdn 71) – Feststellungsklage ist, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses (sieh oben Rdn 73 ff.) hat (§ 256 Abs. 1 ZPO). Durch das Erfordernis eines Feststellungsinteresses sollen sowohl die Gerichte wie auch der Beklagte vor unnötigen Feststellungsklagen geschützt werden. Es fehlt insbesondere, wenn dem Kläger eine Leistungsklage und damit weitergehender Rechtsschutz möglich ist (Vorrang der Leistungsklage; siehe unten Rdn 124 ff.). Die Möglichkeit einer Zwischenfeststellungswiderklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) in einem anderen Prozess lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen, wenn nicht sicher ist, ob das festzustellende Rechtsverhältnis in dem Rechtsstreit, in dem die Widerklage erhoben werden soll, letztlich überhaupt vorgreiflich und damit die dortige Zwischenfeststellungs-(wider-)klage zulässig ist (siehe hierzu unten Rdn 199). Bietet eine Zwischenfeststellungswiderklage dagegen – ausnahmsweise – dieselbe prozessuale Sicherheit, die begehrte Feststellung zu erreichen, wie mit einer selbstständigen Feststellungsklage, so ist erstere – auch wenn damit der Verlust eines Wahlgerichtsstands (§ 35 ZPO) verbunden ist – als einfacherer, kostengünstigerer und prozessökonomischerer Weg vorrangig.
Rz. 89
Das Feststellungsinteresse ist ferner nicht nur von dem als allgemeine Prozessvoraussetzung notwendigen Rechtsschutzbedürfnis (siehe oben Rdn 26 ff.) zu unterscheiden, das fehlt, wenn dem Geschädigten ein einfacherer, schnellerer und kostengünstigerer Weg mit einem im Wesentlichen gleichwertigen Verfahrensergebnis zur Verfolgung seines prozessualen Ziels offen steht (z.B. vollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe oder behördliche Entscheidungen), sondern insbesondere auch strikt von der zur Begründetheit des Feststellungsbegehrens (siehe unten Rdn 117 ff.) gehörenden Frage des Bestehens des behaupteten Rechtsverhältnisses zu trennen. Ob ein Schaden ersatzfähig oder – beispielsweise wegen der Berücksichtigung eines rechtmäßigen Alternativverhaltens oder der vom Beklagten erhobenen Verjährungseinrede – nicht ersatzfähig ist, ist keine Frage des Feststellungsinteresses und damit der Zulässigkeit der Klage, sondern eine Frage des materiellen Rechts, die im Rahmen der Begründetheit zu erörtern ist. Das Gleiche gilt für die vom Versicherer im Deckungsprozess eingewandte Leistungsfreiheit.
Rz. 90
Das Feststellungsinteresse ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Dies entbindet den Kläger – da keine Untersuchung von Amts wegen stattfindet – jedoch nicht von seiner diesbezüglichen Darlegungslast.
Rz. 91
Das Vorhandensein des Feststellungsinteresses kann offenbleiben, soweit das Begehren des Klägers in der Sache unbegründet ist. Denn dann wird durch Sachurteil über die Klage entschieden. Dies gilt auch im Rechtsmittelverfahren über eine Entscheidung, mit der die Klage als unzulässig abgewiesen wurde. Das Feststellungsinteresse ist folglich nur für ein stattgebendes Urteil Sachurteilsvoraussetzung.