Rz. 96
Bei einer positiven Feststellungsklage (siehe oben Rdn 70, zur negativen Feststellungsklage siehe unten Rdn 167 ff.) liegt eine Gefährdung der Rechtslage des Klägers in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernsthaft bestreitet. Ebenso genügt der drohende Ablauf der Verjährungsfrist für Ansprüche des Geschädigten, der durch die Klageerhebung gehemmt wird (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn mit Auswirkungen des Schadens gerechnet werden muss, die im Einzelnen noch nicht abzusehen sind und die daher mit einer Leistungsklage noch nicht geltend gemacht werden können. Der Lauf einer Verjährungsfrist ist aber nicht notwendige Voraussetzung für ein Feststellungsinteresse.
Zu Verjährungsfristen und den Lauf bei Schadensersatzansprüchen siehe oben § 22.
Rz. 97
Hat der Geschädigte bereits einen Titel – gegebenenfalls auch ein Leistungsurteil – über denselben Streitgegenstand, so ist eine wiederholende Feststellungsklage dann zulässig, wenn sie unerlässlich ist, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern. So ist bei Klagen auf wiederkehrende Leistungen (§ 258 ZPO, siehe auch Rdn 45 ff.) der Besonderheit Rechnung zu tragen, dass insoweit zwar auch erst nach Erlass des Urteils fällig werdende Leistungen geltend gemacht werden können, die Verjährung des Anspruchs auf diejenigen Leistungen, die erst nach Rechtskraft des Urteils fällig werden, von einem solchen Prozess jedoch nicht beeinflusst wird, diese tritt vielmehr zum Nachteil des Gläubigers ein, als ob die Klage nicht erhoben worden wäre (§ 197 Abs. 2 BGB). Erweitert aber das Gesetz – letztlich im Interesse beider Parteien – die Klagemöglichkeit, ohne die regelmäßigen verjährungsrechtlichen Folgen an die Erhebung der Klage zu knüpfen, dann muss es dieser besonderen Rechtslage durch eine ihr angepasste Einschränkung der Rechtskraftwirkung (siehe dazu § 25 Rdn 145) Rechnung tragen.
Rz. 98
Ein entsprechendes unabweisbares Bedürfnis für eine Ausnahme von der Sperrwirkung der materiellen Rechtskraft besteht, wenn die Verpflichtung zum Ersatz künftig eintretender Schäden rechtskräftig festgestellt ist, solche Schäden aber noch nach Ablauf der 30-jährigen Verjährungsfrist eintreten können. Eine wiederholende Feststellungsklage ist zur Verhinderung der Verjährung dagegen nicht unerlässlich, wenn der Geschädigte als Gläubiger eines rechtskräftig festgestellten Anspruchs die Möglichkeit hat, die Verjährung durch die Vornahme einer weiteren Vollstreckungshandlung zu unterbrechen (§ 212 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Ein Feststellungsinteresse besteht, wenn ein Vollstreckungstitel zwar vorliegt, die Beteiligten aber über die Reichweite seiner zu Zweifeln Anlass gebenden Urteilsformel streiten. Das gilt auch in Fällen, in denen die eindeutige Bezeichnung des Inhalts und der Grenzen des Vollstreckungstitels durch das Prozessgericht versehentlich unterblieben ist oder im Hinblick auf künftige Entwicklungen nicht in vollem Umfang möglich war und das jeweilige Vollstreckungsorgan deshalb berechtigt war, die nötige Bestimmung selbst vorzunehmen, soweit das aus dem Titel einschließlich der Entscheidungsgründe oder aufgrund allgemein zugänglicher, leicht und sicher feststellbarer anderer Urkunden möglich war, auf die in der Entscheidung verwiesen wurde.
Rz. 99
Im Hinblick darauf, dass die Unsicherheit eine gegenwärtige Gefahr für das Recht des Klägers begründen muss, reichen noch weit in der Zukunft liegende und völlig ungewisse Möglichkeiten einer Rechtsgefährdung für die Annahme eines Feststellungsinteresses grundsätzlich nicht aus. Dies hat insbesondere im Unfallhaftpflichtrecht große Bedeutung, soweit nicht (nur) die Ersatzpflicht für bereits eingetretene, sondern (auch) zukünftige Unfallfolgen (Zukunftsschaden) festgestellt werden soll. Dabei ist zwischen vorhersehbaren und lediglich befürchteten Folgeschäden zu unterscheiden: