Rz. 210

Bei einem Unfallereignis, bei dem die Schadensentwicklung zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen ist, ist hinsichtlich des Streitgegenstandes (siehe oben § 25 Rdn 133) – neben der Unterscheidung von materiellen und immateriellen Schäden – zwischen bereits eingetretenen und zukünftigen Unfallfolgen zu trennen. Es ergeben sich folglich vier (Teil-)Streitgegenstände, die unterschiedlich zu behandeln sind. Unklare Feststellungsanträge sind – sofern die gebotene Klarstellung auf richterlichen Hinweis (§ 139 Abs. 1 S. 2 ZPO) nicht erfolgt ist – auszulegen (§ 133 ZPO). Im Zweifel ist dasjenige gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse der Partei entspricht, wobei nicht unter allen Umständen am buchstäblichen Sinn der Wortwahl einer Partei festzuhalten ist.[566]

 

Rz. 211

Ein auf Ersatz "sämtlicher" weiteren und künftigen Schäden aus einem Unfallereignis, das zu einem Gesundheitsschaden geführt hat, gerichteter Antrag erfasst daher – sofern sich aus der Begründung des Begehrens nichts anderes ergibt – allen zukünftigen Schaden, materiell wie immateriell. Dies gilt unabhängig davon, ob daneben ein bezifferter – materieller oder immaterieller – Schadensersatzanspruch verfolgt wird oder nicht.[567]

 

Rz. 212

Beantragt der Geschädigte die Feststellung der Verpflichtung des Schädigers, ihm den in Zukunft aus dem Unfallereignis entstehenden Schaden zu ersetzen, so folgt aus den Grundsätzen der Antragsauslegung, dass damit – wegen der verjährungsunterbrechenden Wirkung der Klage (siehe oben § 21 Rdn 86) – die ab Klageeinreichung und nicht erst die ab dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entstehenden Schadensersatzansprüche erfasst werden sollen.[568]

Zum Verhältnis zu einer daneben erhobenen Schmerzensgeld-(leistungs-)klage und deren Streitgegenstand siehe oben Rdn 143 ff.

[566] BGH, Urt. v. 5.10.2010 – VI ZR 257/08, NJW 2010, 3779; Thomas/Putzo/Seiler, Einl. III Rn 16 m.w.N.
[567] BGH, Urt. v. 9.4.1991 – VI ZR 106/90, NJW 1991, 2347; BGH, Urt. v. 15.10.1953 – III ZR 34/52, LM Nr. 3 zu § 847 BGB.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge