Rz. 18
Gegenstand einer Leistungsklage kann auch eine Freistellung sein. "Freistellung" (Befreiung) bedeutet eine vertretbare Handlung, durch die der in Anspruch Genommene (Beklagter) eine Schuld des Anspruchstellers (Kläger) zum Erlöschen bringt. Sie setzt deshalb das Bestehen einer bestimmten Verbindlichkeit des Klägers voraus. Dementsprechend muss der Antrag auf Verurteilung zur Freistellung als Leistungsklageantrag die Forderung, von der freigestellt werden soll, so genau bezeichnen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), dass der Beklagte notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung (über § 887 ZPO) zur Befriedigung des Drittgläubigers angehalten werden kann. Andernfalls ist der nicht vollstreckungsfähige Klageantrag wegen Unbestimmtheit unzulässig (siehe oben Rdn 10). Dies gilt insbesondere auch, soweit die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt wird.
Rz. 19
Ist dem Kläger eine bestimmte Angabe der gegen ihn gerichteten Ansprüche (noch) nicht möglich, kommt lediglich eine Feststellungsklage dahin in Betracht, dass der Beklagte bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen verpflichtet ist, den Kläger freizustellen. Da ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit voraussetzt, dass der Geschädigte tatsächlich mit dieser Verbindlichkeit beschwert ist, hat dieser auch solange, wie er die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf bekämpft, kein berechtigtes Interesse daran, von seinem Schuldner bereits Zahlung zu verlangen, und ist deshalb grundsätzlich auf eine Feststellungsklage beschränkt. Bei der Feststellungsklage spielt die Frage der Vollstreckungsfähigkeit als Kriterium für die hinreichende Bestimmtheit des Klageantrags keine Rolle. Eine Feststellung der Verpflichtung zur Freistellung kann daher auch bei noch offenen Schäden oder erst drohender Inanspruchnahme begehrt werden. Unter Umständen – aber nicht in jedem Fall – kommt die Auslegung eines Freistellungs- als Feststellungsbegehren in Betracht. Eine Klage auf künftige Freistellung, das heißt künftige Leistung (§ 259 ZPO), ist zwar zulässig, birgt aber infolge ihrer Erhebung vor einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen der Verbindlichkeit, von der freigestellt werden soll, die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in unabhängig voneinander geführten Prozessen. In dem gegen ihn geführten (Inanspruchnahme-)Prozess kann der Freistellungsgläubiger seinen Freistellungsanspruch gegen den Freistellungsschuldner nicht im Wege der isolierten Drittwiderklage geltend machen, da die rechtlichen Verhältnisse im Hinblick auf die erhobenen Ansprüche nicht dieselben sind (siehe auch § 25 Rdn 90).
Rz. 20
Wenn dem Kläger dagegen bereits bei Klageerhebung ein ausreichend bestimmter Freistellungsantrag möglich ist, fehlt wegen des Vorranges der (Freistellungs-)Leistungsklage das Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO; siehe unten Rdn 124). Begehrt der Kläger die Freistellung von öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, die – wie beispielsweise eine umweltbehördlich geforderte Bodensanierung im Wege des Bodenaustausches – der Beklagte, um der Zwangsvollstreckung zu entgehen, nur selbst durchführen oder durchführen lassen kann, besteht jedoch schon deshalb kein Vorrang der Leistungslage, weil der Kläger dadurch unter Missachtung seines schadensrechtlichen Wahlrechts (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) auf die Geltendmachung der Naturalrestitution beschränkt würde.
Rz. 21
Im Haftpflichtversicherungsrecht kommt eine Klage auf Freistellung im Allgemeinen nicht in Betracht, da der Versicherungsnehmer vom Versicherer nicht Befriedigung des Haftpflichtgläubigers verlangen kann. Dem Haftpflichtversicherer steht es vielmehr frei, ob er die gegen seinen Versicherungsnehmer geltend gemachten Haftpflichtansprüche erfüllen oder den Versuch einer Abwehr dieser Ansprüche machen will. Der Versicherungsnehmer hat grundsätzlich (nur) Anspruch auf eine eindeutige Auskunft darüber, ob der Versicherer im Haftpflichtprozess den Rechtsschutz übernimmt. Eine Klage auf Befreiung von der Haftpflichtverbindlichkeit, d.h. auf Befriedigung des Haftpflichtgläubigers, kommt demnach in der Regel nur dann in Betracht, wenn das Bestehen des Haftpflichtanspruchs rechtskräftig festgestellt ist. Solange dies nicht der Fall ist, muss der Versicherungsnehmer auf Feststellung klagen, dass der Versicherer wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung Versicherungsschutz zu gewähren habe. Eine dennoch erhobene Freistellungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Rz. 22
Auch dem Schuldner eines Freistellungsanspruchs steht es frei, wie er die Befreiung des Gläubigers herbeiführt, im Ergebnis muss er diesen so stellen, wie er ohne die Belastung mit Drittschulden stünde. In Betracht kommen: Leistung an den Drittgläubiger (§ 267 Abs. 1 S. 1 BGB), befreiende Schuldübernahme, Aufrechnung, Abfindung oder Ähnliches. Die Erbringung der dem Drittgläubiger geschulde...