Rz. 117
Bei der Feststellungsklage handelt es sich – nach herrschender Meinung – um ein rein prozessuales Instrument, durch das keinen sachlich-rechtlichen Anspruch gewährt, sondern nur für sachlich-rechtliche Ansprüche unter gewissen Voraussetzungen eine besondere Rechtsschutzform zur Verfügung gestellt wird. Ebenso wenig setzt die Begründetheit der Feststellungsklage daher einen materiellen "Anspruch auf Feststellung" des Bestehens oder Nichtbestehens des Rechtsverhältnisses voraus.
Rz. 118
Die – positive – Feststellungsklage ist schon dann begründet, wenn das behauptete Rechtsverhältnis besteht. Sofern es sich bei dem festzustellenden Rechtsverhältnis – wie in den meisten Fällen – um einen Anspruch handelt (siehe oben Rdn 73), ist die Klage begründet, wenn dessen sachliche und rechtliche Voraussetzungen vorliegen.
Rz. 119
Im Unfallhaftpflichtrecht reicht somit ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff in ein absolut geschütztes Rechtsgut des Geschädigten aus, der zu möglichen künftigen – vorsehbaren oder befürchteten – Schäden führen kann. An die Zuerkennung eines aus einer bereits eingetretenen Rechtsgutsverletzung herrührenden Anspruchs auf Ersatz von Zukunftsschäden sind "maßvolle Anforderungen" zu stellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie insbesondere bei Körper- und Gesundheitsverletzungen – die spätere Entwicklung nicht sicher prognostizierbar ist. Eine strikte Beschränkung dieses Prüfungsmaßstabs auf Personenschäden unabhängig von den Möglichkeiten einer Prognose der weiteren Entwicklung erscheint nicht angebracht.
Rz. 120
Umstritten und höchstrichterlich immer noch nicht – gänzlich – abschließend geklärt ist, ob bei Vorliegen einer Rechtsgutsverletzung im Rahmen der Begründetheit – anders als bei der Zulässigkeit (siehe oben Rdn 101 f.) – nicht nur die Möglichkeit, sondern eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen ist. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte an der Erforderlichkeit eines solchen zusätzlichen Begründungselements zunächst grundsätzliche Zweifel geäußert und hat zuletzt – zutreffend – entschieden, dass es jedenfalls in Fällen, in denen die Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts und darüber hinaus ein daraus resultierender (erster) Vermögensschaden bereits eingetreten sind, keinen Grund gibt, die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere, künftige Schäden von der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts abhängig zu machen: Denn materiell-rechtlich wird es den Anspruch auf Ersatz dieser Schäden ohnehin nicht geben, solange diese nicht eingetreten sind; von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hängt die Entstehung des Anspruchs also nicht ab. Die Leistungspflicht soll bei künftige Schäden erfassenden Feststellungsklagen deshalb nur für den Fall festgestellt werden, dass die befürchtete Schadensfolge wirklich eintritt. Da dementsprechend der Feststellungsausspruch nichts darüber aussagt, ob ein künftiger Schaden eintreten wird, ist es unbedenklich, die Ersatzpflicht des Schädigers für den Fall, dass der Schaden eintreten sollte, bereits jetzt festzustellen. Angesichts der prozessualen Konstruktion der Feststellungsklage (siehe oben Rdn 117) spricht viel dafür, von einer zusätzlichen Prüfung der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nach einer schon eingetreten Rechtsgutsverletzung gänzlich, also auch ohne Bestehens eines "ersten" Vermögensschadens abzusehen: Denn das erforderliche Rechtsverhältnis – der Schadensersatzanspruch – ist auch in diesen Fällen unabhängig davon schon begründet (siehe oben Rdn 83).
Rz. 121
Soweit zwar eine rechtswidrige Handlung in zu vertretender Weise abgeschlossen, aber – wie bei reinen Vermögensschäden – kein absolut geschütztes Rechtsgut verletzt worden und noch ungewiss ist, ob überhaupt ein Schaden ausgelöst wird, setzt die Begründetheit der Feststellungsklage dagegen – wie auch schon deren Zulässigkeit (siehe oben Rdn 104) – voraus, dass die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt irgendeines Schadens besteht.
Rz. 122
Es geltend die allgemeinen Beweislastregeln: Der Kläger muss daher bei der positiven Feststellungsklage die tatsächlichen Voraussetzungen seines Begehrens beweisen, der Beklagte die von ihm erhobenen Einwendungen und Einreden.