Rz. 287
Soweit der Streitgegenstand der zuvor erhobenen (Erst-)Leistungsklage (§ 258 ZPO) betroffen ist, kann der Gläubiger der wiederkehrenden Leistungen weitere Ansprüche grundsätzlich nur mit der Abänderungsklage und unter Beachtung der bei dieser bestehenden Beschränkungen geltend machen. Dies gilt insbesondere auch, wenn der Gläubiger im Rahmen der Erstklage seine materiellrechtlichen Ansprüche – ohne dass dies zumindest durch Auslegung erkennbar war – nicht vollständig ausgeschöpft hat, und zwar selbst dann, wenn die unterbliebene Geltendmachung weitergehender Ansprüche auf einem Irrtum des Gläubigers beruhte.
Rz. 288
Eine Nachforderungsklage (§ 258 ZPO) ist allerdings zulässig, wenn der Gläubiger im ersten Verfahren nur eine offene Teilklage erhoben, also beispielsweise von seinem Verdienstausfall vorerst nur einen Teil beansprucht oder die Rente zunächst nur für einen kurzen Zeitraum verlangt hat. Denn dann handelt es sich bei der Geltendmachung der weiteren Anspruchsteile nicht um eine Anpassung des früheren Urteils an die veränderten Verhältnisse, sondern um eine echte Nachforderung, die mit einer neuen Leistungsklage (§ 258 ZPO) geltend zu machen ist. Das Gleiche gilt, wenn ein Gläubiger von vornherein nur eine Teilklage auf Verurteilung des Schuldners "über freiwillig gezahlte Beträge hinaus" erhebt, weil er dadurch zum Ausdruck bringt, dass es seinem prozessualen Begehren entspricht, einen Titel nur über den "Spitzenbetrag" zu erhalten. Keine Teilklage ist gegeben, wenn der Geschädigte selbst eine Prognose vornimmt und sein Begehren wegen eines angenommenen zukünftigen Wegfalls seiner Bedürftigkeit zeitlich beschränkt.
Rz. 289
Eine verdeckte Teilklage, deren Beschränkung für den Prozessgegner und das Gericht nicht erkennbar ist, reicht für die Begrenzung des Streitgegenstandes und damit das diesbezügliche Offenhalten einer späteren Leistungsklage nicht aus. Es muss vielmehr im Vorprozess vom Kläger ausdrücklich erklärt worden oder aus den Umständen zu entnehmen gewesen sein, dass die in bestimmter Höhe begehrten wiederkehrenden Leistungen nur den Teil einer an sich höheren Forderung darstellen. Im Rahmen einer zulässigen Abänderungsklage gegen das Ersturteil kann der Geschädigte jedoch auch ohne vorangegangene offene Teilklage eine Erhöhung auf der Grundlage des vollen Schadens begehren.
Rz. 290
Wenn und soweit eine Klage auf zukünftig wiederkehrende Leistungen – als zur Zeit unbegründet – abgewiesen wurde, weil eine hinreichende Prognose der zukünftigen Entwicklung noch nicht möglich war (siehe oben Rdn 52 ff.), so steht dies einer erneuten Leistungsklage nicht entgegen. Das Gleiche gilt, wenn der geltend gemachte Anspruch an der (nur) derzeit fehlenden Bedürftigkeit des Geschädigten scheiterte.
Rz. 291
Die Auslegung einer Leistungs- als Abänderungsklage und umgekehrt ist möglich.
Rz. 292
Eine Klageänderung, mit der der in erster Instanz obsiegende Unterhaltsberechtigte im Berufungsverfahren von einer unzulässigen Leistungsklage auf die gebotene Abänderungsklage übergeht, ist sachdienlich, wenn die in erster Instanz fehlenden, für eine Abänderungsklage unabdingbaren Tatsachen im Berufungsverfahren vervollständigt worden sind und auch eine neue, auf ein Prozessurteil erhobene Klage den gesamten Zeitraum, für den Abänderung verlangt wird, ohne zeitliche Begrenzung (§ 323 Abs. 3 ZPO) umfassen kann. Allerdings sind die Beschränkungen des Streitstoffes im Berufungsverfahren zu beachten (§ 533 Nr. 2 ZPO, siehe unten § 28 Rdn 171 ff.). Einem Rechtsmittel, mit dem von einer als unzulässig verworfenen Leistungsklage auf eine von Anfang an zulässige Abänderungsklage übergegangen wird, fehlt nicht die Beschwer.