Rz. 162
Bei der Geltendmachung einer Haftpflichtrente im Wege einer Klage auf zukünftige Leistungen (§ 258 ZPO; siehe oben Rdn 45 ff.) zwingt die bloße Befürchtung, dass die geforderte Rente später einmal wegen Steigerungen des Lohnniveaus, sinkender Kaufkraft des Geldes oder einer Änderung der Sozialversicherungsgesetzgebung nicht mehr ausreichend sein wird, den Gläubiger grundsätzlich nicht zur Erhebung einer zusätzlichen Feststellungsklage zur Absicherung zukünftiger Abänderungen. Denn der Schadensschuldner kann von vornherein nicht im Zweifel darüber sein, dass die geldmäßige Bezifferung einer langfristigen Rentenforderung, die den Erwerbs- oder Unterhaltsschaden des Gläubigers ausgleichen soll, nicht in dem Sinn endgültig fixiert ist, dass sie von einer wesentlichen Änderung der Bemessungsfaktoren des allgemeinen Lohn- und Preisgefüges unberührt bleibt. Ein Verlust des Rentenstammrechts durch baldige Verjährung (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ist hier grundsätzlich ebenfalls nicht mehr zu befürchten, da mit dem Rentenurteil der Grund des Anspruchs festgestellt wird.
Rz. 163
Geht es nur um die Absicherung von Korrekturen der im Rentenurteil enthaltenen Prognose (siehe oben Rdn 49 ff.) wegen zukünftiger Änderungen der bei der Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse, reicht die Möglichkeit einer späteren Abänderungsklage als Rechtsbehelf folglich regelmäßig aus. Sie ist der zulässige Rechtsbehelf für eine eventuelle spätere Erhöhung (oder Herabsetzung) einer zugesprochenen Rente ("Dynamisierung der Rente", siehe aber auch oben Rdn 49 und unten Rdn 255 f.) und auch für deren weitere Gewährung nach Ablauf einer im abzuändernden Urteil ausgesprochenen Befristung, sofern letztere auf der damaligen Prognose beruht, dass die zukünftige Entwicklung – beispielsweise wegen Wegfall der Unterhaltsdürftigkeit des Unterhaltsberechtigten – zum Erlöschen des Anspruchs führen wird.
Zur Verjährung des prozessualen und materiell-rechtlichen Anpassungsanspruchs aufgrund nachträglicher Veränderungen siehe unten Rdn 275 f.
Rz. 164
Für eine neben oder anstelle einer auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Leistungsklage erhobene Feststellungsklage kann ein rechtliches Interesse nur dann anerkannt werden, wenn der entstandene oder noch entstehende Schaden nicht bereits in vollem Umfang durch den Klagantrag auf Zahlung der Haftpflichtrente erfasst wird oder erfasst werden kann. Ein den (vollen) Schaden deckender bezifferter Zahlungsantrag kann insbesondere dann noch nicht gestellt werden, wenn sich die mutmaßliche Weiterentwicklung noch nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit übersehen lässt (siehe oben Rdn 52 ff.). (Nur) In diesem Fall ist grundsätzlich eine Feststellungsklage anstelle oder neben der Klage auf wiederkehrende Leistungen zulässig: Wird beispielsweise die begehrte Haftpflichtrente wegen der Unsicherheiten einer Prognose lediglich zeitlich beschränkt zuerkannt, besteht für den nicht erfassten Zeitraum ein Feststellungsinteresse.
Rz. 165
Gesondert zu beurteilen ist schließlich der Fall, dass der Kläger zunächst nur eine (offene) Teilklage erhebt, also beispielsweise von seinem Verdienstausfall nur einen Teil beansprucht oder die Rente nur für einen kurzen Zeitraum verlangt (siehe unten Rdn 288). Dann handelt es sich bei der Geltendmachung der weiteren Anspruchsteile nicht um eine Anpassung des früheren Urteils an die veränderten Verhältnisse, sondern um eine echte Nachforderung, die mit einer (neuen) Klage auf wiederkehrende Leistungen (§ 258 ZPO) geltend zu machen ist. Zu deren Vorbereitung ist auch eine Feststellungsklage neben der ursprünglichen (Leistungs-)Teilklage zulässig.
Rz. 166
Darüber hinaus soll eine Feststellungsklage sogar neben der auf Ersatz des gesamten Schadens gerichteten Klage auf wiederkehrende Leistungen zulässig sein, wenn die Belange des Geschädigten durch eine Abänderungsklage nicht gewahrt werden können, weil zweifelhaft erscheint, ob die zu erwartenden geringen Erhöhungen der Einkünfte des getöteten Unterhaltsverpflichteten (§ 844 Abs. 2 BGB) jeweils als wesentliche Änderung (i.S.v. § 323 ZPO) anzusehen sind, oder die Möglichkeit rückwirkender Gehaltserhöhungen besteht, die mit einer Abänderungsklage nicht geltend gemacht werden könnten (§ 323 Abs. 3 ZPO).