Rz. 293
Grundsätzlich hat eine abänderungsberechtigte Partei die freie Wahl, eine während der Rechtsmittelfrist eintretende Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse entweder durch eine Abänderungsklage oder – bei Vorliegen der erforderlichen Beschwer (siehe § 28 Rdn 12 ff.) – durch eine Berufung geltend zu machen.
Rz. 294
Diese Wahlmöglichkeit besteht nur dann nicht, wenn es aufgrund einer – bereits anhängigen – zulässigen Haupt- oder Anschlussberufung einer Partei ohnehin zu einer neuen Prüfung der für die Verurteilung maßgeblichen Verhältnisse kommt. Hier fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für eine Abänderungsklage neben dem Berufungsverfahren, da die veränderten Verhältnisse noch im ursprünglichen Rechtsstreit berücksichtigt werden können (arg. § 323 Abs. 2 ZPO).
Rz. 295
Bei Teilurteilen ist Folgendes zu beachten: Die Präklusion (§ 323 Abs. 2 ZPO, siehe oben Rdn 258 ff.) erfasst nach ihrem Sinn und Zweck grundsätzlich nur die Fälle, in denen über den Streitgegenstand noch nicht rechtskräftig entschieden war, bevor die Veränderung eintrat. Dies ist nicht der Fall, wenn über einen Teil des Streitgegenstands ein rechtskräftiges Teilurteil ergangen ist und sich – erst – während des Berufungsverfahrens über das nachfolgende Schlussurteil Umstände ergeben, die eine Abänderung des Teilurteils rechtfertigen würden. In dieser Situation hat die Partei, die eine Abänderung des Teilurteils anstrebt, die Wahl, die veränderten Umstände entweder mittels einer Abänderungswiderklage im Rahmen des Berufungsverfahrens geltend zu machen oder eine selbstständige Abänderungsklage in einem neuen Verfahren zu erheben. Bei einer Abänderungswiderklage in zweiter Instanz sind allerdings die Beschränkungen des Streitstoffes im Berufungsverfahren zu beachten (§ 533 Nr. 2 ZPO, siehe unten § 28 Rdn 171 ff.).
Rz. 296
Eine Abänderungsklage ist ebenfalls wieder zulässig, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird. Der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz wird dann wieder der maßgebende Zeitpunkt für die Präklusion (§ 323 Abs. 2 ZPO, siehe oben Rdn 258 ff.) mit der Folge, dass die Abänderungsklage aufgrund seither eingetretener wesentlicher Änderungen der in erster Instanz zugrunde gelegten Verhältnisse zugelassen wird.
Rz. 297
Entscheidungen des Rechtsmittelgerichts können schließlich dazu führen, dass eine Abänderungsklage im selben Verfahren wie die ursprüngliche Klage auf zukünftig wiederkehrende Leistungen in Betracht kommt: Legen gegen eine einer solchen Klage nur teilweise stattgebende Entscheidung sowohl der Gläubiger wie auch der Schuldner der Leistungen Rechtsmittel ein und wird einerseits das Rechtsmittel des Gläubigers zurückgewiesen, während andererseits auf das Rechtsmittel des Schuldners die Entscheidung, soweit Leistungen zuerkannt wurden, aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen wird, so kann der Gläubiger, soweit sein Anspruch in der höheren Instanz rechtskräftig aberkannt wurde, sein Begehren auf eine höhere Rente nunmehr mit einer Abänderungsklage verfolgen. Allerdings muss hierfür eine wesentliche Veränderung nach Rechtskraft der Abweisung, sprich Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung im Rechtsmittelverfahren, eingetreten sein.