Rz. 9
Erbstatut:
Für Erbfälle seit dem 17.8.2015 gilt auch in Bulgarien die Europäische Erbrechtsverordnung. Vor Einführung der EuErbVO galt das IPRG von 2005. Danach folgte Bulgarien gemäß Art. 89 IPRG dem Grundsatz der Nachlassspaltung. Unbewegliches Vermögen wurde nach dem Recht der Sache am Belegenheitsort vererbt (lex rei sitae), sofern sich das unbewegliche Vermögen in Bulgarien befand. Bewegliches Vermögen hingegen wurde nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Erblassers vererbt. Der Testator hat die Möglichkeit, in seiner Verfügung von Todes wegen eine Rechtswahl zugunsten des materiellen Rechts zu wählen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dadurch keine nach dem bulgarischen Recht bestehenden Pflichtteilsansprüche gekürzt werden. Wie auch in Belgien hat in Bulgarien durch Einführung der EuErbVO ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Der Grundsatz der Nachlassspaltung ist dem Grundsatz der Nachlasseinheit gewichen. Über Art. 21 Abs. 1 EuErbVO wird nun einheitlich und für den Gesamtnachlass anhand des letzten Aufenthaltes des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes das Erbstatut bestimmt.
Rz. 10
Güterrecht:
Es gilt der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Dies bedeutet, dass dingliche Rechte und Kontoguthaben, welche im Laufe der Ehezeit erworben bzw. angespart werden, beiden Ehepartnern zu gemeinsamen Eigentum zustehen. Es wird wiederlegbar vermutet, dass der Anteil am gemeinsamen Vermögen gleich hoch ist und beiden zu gleichen Teilen zusteht. Im Rahmen der Errungenschaftsgemeinschaft wird unterschieden zwischen dem Eigengut des Ehegatten, dem Eigengut der Ehefrau sowie dem oben dargestellten gemeinsamen Gut.
Rz. 11
Gesetzliche Erbfolge:
Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die leiblichen Abkömmlinge des Erblassers zu gleichen Teilen. Es gilt das Repräsentationsprinzip. Nichteheliche und eheliche Kinder sind gleichgestellt. Gleiches gilt für adoptierte Kinder. Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers. Erben dritter Ordnung sind die Geschwister des Erblassers sowie deren Abkömmlinge als auch Verwandte des Erblassers in gerader aufsteigender Linie (Großeltern, Urgroßeltern etc.). Erben vierter Ordnung sind die Verwandten in nicht gerader Linie bis zum sechsten Grad. Der Ehegatte erbt, wenn er mit Abkömmlingen der ersten Ordnung zusammentrifft, mit diesen zu gleichen Teilen. Trifft er mit Erben der zweiten Ordnung zusammen, so erbt er zwischen der Hälfte und zwei Dritteln des Nachlasses. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft in Form einer Bruchteilssgemeinschaft.
Rz. 12
Testamentsformen:
Es existiert das eigenhändige Testament, welches vollständig handgeschrieben und vom Testator unterschrieben sein muss (ein maschinell gefertigtes unterschriebenes Testament ist nichtig). Des Weiteren müssen die testamentarisch Bedachten klar identifizierbar sein und es müssen das Datum und der Errichtungsort angegeben werden. Es besteht die Möglichkeit, ein handschriftliches Testament beim Notar zu hinterlegen. Daneben existiert das notarielle Testament, welches in Anwesenheit von zwei Zeugen errichtet wird. Möglich sind Erbeinsetzungen als auch Vermächtnisse und Auflagen. Gemeinschaftliche Testamente sind unzulässig und nichtig. Gleiches gilt auch für Verträge, dessen Vertragsgegenstand ein noch nicht angefallenes Erbe ist.
Rz. 13
Annahme- und Ausschlagung der Erbschaft:
Die Annahme der Erbschaft kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Sie entfaltet eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Todes. Die Annahmeerklärung muss unbedingt erfolgen und darf deshalb keinerlei Befristungen oder gar Bedingungen enthalten. Die Ausschlagung erhöht die Erbteile der übrigen Erben. Sie ist ausdrücklich zu erklären.
Rz. 14
Pflichtteilsrecht:
Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge, Eltern sowie der Ehegatte des Erblassers. Pflichtteilsberechtigt ist nur, wer auch als Erbe tatsächlich berufen wäre (Eltern sind Erben zweiter Ordnung). Die Höhe des Pflichtteils ist variabel und hängt von der Anzahl der Pflichtteilsberechtigten ab (sog. Hinterbliebenenkreis).
Rz. 15
Erbschaftsteuer:
Die Erbschaftsteuer in Bulgarien ist eine kommunale Steuer, welche von den Gemeinden zufließt. Angeknüpft wird zum einen an die Staatsangehörigkeit der Erben. Sind diese Bulgaren, so ist der gesamte in- und ausländisch erworbene Nachlass steuerpflichtig. Zum anderen wird territorial angeknüpft, was bedeutet, dass unabhängig von der Nationalität ein auf bulgarischem Territorium belegener Vermögensgegenstand der Erbschaftsteuer unterliegt. Daneben wird zwischen steuerfreien und steuerpflichtigen Objekten unterschieden. Die Deklarationsfrist beträgt sechs Monate. Zuständig ist die Wohnsitzgemeinde des Erblassers. Fristbeginn ist die Kenntnis vom Tod des Erblassers. Da es sich um eine kommunale Steuer handelt, werden auch die Steuersätze von den Kommunen festgelegt. Bulgarien hat kein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen.