Rz. 45
Erbstatut:
Die Republik Irland ist Mitglied der Europäischen Union. Dennoch hat sie, gemeinsam mit Dänemark und Großbritannien, die Europäische Erbrechtsverordnung nicht ratifiziert. Damit ist Irland, obwohl Mitglied der EU, Drittstaat im Sinne der EuErbVO. Irland folgt dem System der Nachlassspaltung. Die Erbfolge des beweglichen Vermögens (movable property) wird anhand des letzten domicile bestimmt. Das domicile wird im Irischen Recht ähnlich bestimmt wie im Englischen Recht. Die Erbfolge in unbewegliches Vermögen (immovable property) unterliegt dem jeweiligen Belegenheitsrecht (lex situs). Für die Praxis bedeutet dies, dass es bei der Bestimmung des Erbstatuts zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann, obwohl beide Länder der EU angehören. Unproblematisch dürften die Fälle sein, in denen der Erblasser sowohl seinen letzten Wohnsitz als auch sein gesamtes Vermögen in Irland oder einem Ratifizierungsstaat der EuErbVO hatte. Denn in dieser Konstellation gelangt man sowohl aus irischer Sicht als auch aus Sicht der EuErbVO zur Anwendung irischen Erbrechts. In den meisten anderen Fällen wird man aber zu unterschiedlichen Ergebnissen im Rahmen der Bestimmung des Erbstatuts gelangen. Über Art. 20 EuErbVO wird die EuErbVO jedoch als loi uniforme gesehen, sodass die EuErbVO aus Sicht der Vertragsstaaten auch dann anzuwenden ist, wenn das Recht eines Drittstaates in Rede steht.
Rz. 46
Gesetzliches Erbrecht:
Erben der ersten Linie sind die Abkömmlinge des Erblassers. Seit dem 14.6.1988 werden nichteheliche Kinder ehelichen Kindern gleichgestellt. Adoptierte Kinder gelten als Kinder der Adoptiveltern, nicht als Kinder der leiblichen Eltern. Mehre Kinder erben zu gleichen Teilen (per capita). Verstorbene Kinder werden durch ihre Abkömmlinge repräsentiert. Das Vorhandensein von Erben der ersten Linie schließt alle weiteren Linien aus. Erben der zweiten Linie sind die Eltern des Erblassers. Sind keine Eltern des Erblassers vorhanden, so erben Geschwister; mehrere zu gleichen Teilen. Sind auch diese nicht vorhanden, so erben die Nichten und Neffen zu gleichen Teilen und nicht nach Stämmen. Daneben existiert ein Ehegattenerbrecht. Dem überlebenden Ehegatten steht neben Kindern eine Quote von zwei Dritteln des Nachlasses zu. Hinterlässt der Erblasser keine Kinder, so erbt der Ehegatte allein.
Rz. 47
Testamente:
Das Haager Testamentsformabkommen ist in Irland seit dem 2.10.1967 in Kraft. Das irische Erbrecht kennt das vom Erblasser vor zwei Zeugen errichtetem Testament (will). Die Errichtung ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, was bedeutet, dass es nicht zwingend vom Erblasser unterschrieben sein muss; ihm jedoch eindeutig zurechenbar sein muss. Daneben existiert das Kodizill (codicil), also ein letztwillige Verfügung ohne Erbeinsetzung. Daneben gibt es das gemeinschaftliche Testament (joint will), nicht jedoch den Erbvertrag. Anders als in Deutschland entfaltet das gemeinschaftliche Testament jedoch keine Bindungswirkung. Gemeinschaftliche Testamente sind in Irland unüblich. Das irische Recht kennt in Testamenten keine Erbeinsetzung, sondern nur Vermächtnisse (legacy – Zuwendung von beweglichem Vermögen; device – Zuwendung von unbeweglichem Vermögen). Ein Vermächtnis kann auch eine Bedingung geknüpft sein (conditional legacy), oder an eine aufschiebende (condition precedent) oder auflösende (condition subsequent) Bedingung geknüpft sein. Durch Verfügung von Todes wegen kann der Testator auch einen Testamentsvollstrecker (executer) benennen.
Rz. 48
Pflichtteilsrecht:
Eine Enterbung von dem Erblasser nahestehenden Personen ist ganz grundsätzlich möglich. Es gibt jedoch Beschränkungen in der Testierfreiheit welche dem Ehegatten oder dem eingetragenen Lebenspartner zugute kommen. Diese Beschränkung garantiert dem Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner eine Beteiligung am Nachlass. Der Anspruch besteht in Höhe von ½, wenn der Erblasser keine Kinder hinterlässt, in Höhe von einem 1/3, wenn der Erblasser Kinder hinterlässt.
Rz. 49
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft:
Der Erbe bzw. Vermächtnisnehmer hat das Recht die Zuwendung anzunehmen, sie abzulehnen oder auf sie zu verzichten. Die Zuwendung erfolgt dabei stets von einem personal representive, welcher treuhänderisch Rechtsnachfolger des Erblassers wird. Er begleicht die Nachlasspassiva und kehrt das übrige Vermögen aus. Die Ausschlagung (disclaimer) ist in Irland zudem möglich, solange der Ausschlagende die Zuwendung noch nicht angenommen hat. Sie ist formgebunden, muss vor einem Zeugen erklärt werden und ist nur dann gültig, wenn der Ausschlagende von Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses Kenntnis hatte.
Rz. 50
Erbschaftsteuer:
Eine Besteuerung der Erbfolge kann sich in Irland aus dreierlei Steuerarten ergeben. Es sind dies die Capital Acquisition Tax kurz CAT, die Capital Gains Tax oder Income Tax. Fällt unbewegliches Vermögen in Irland in den Nachlass kann noch die ...