Rz. 133
Erbstatut:
Die Türkei folgt bei der Bestimmung des Erbstatuts der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Todeszeitpunkt (Heimatrecht). Hiervon ausgenommen ist in der Türkei belegenes unbewegliches Vermögen, auf welches stets türkisches Recht Anwendung findet. Darüber hinaus erfolgt auch eine Nachlassabwicklung in der Türkei anhand türkischen Rechts. Zu beachten aus deutscher Sicht ist stets der deutsch-türkische Konsularvertrag (vgl. Rdn 8). Dieses gilt vorrangig vor den Bestimmungen der EuErbVO und auch vorrangig (bei Erbfällen vor dem 17.8.2018) vor Art. 25 Abs. 1 EGBGB. Beachtlich ist in diesem Abkommen, dass den Konsuln des jeweiligen Landes gem. Art. 15 des Vertrages eine hervorgehobene Stellung zukommt. Im Übrigen ist die Türkei Drittstatt i.S.d. EuErbVO.
Rz. 134
Güterrecht:
Gesetzlicher Güterstand ist die Errungenschaftsbeteiligung gemäß §§ 218–242 ZGB. Unterschieden werden das jeweilige Eigengut des Ehegatten sowie die Errungenschaft der Ehegatten, also dem Gesamtgut. Bei Beendigung des Güterstandes findet eine Berechnung der Wertzuwächse auf beiden Seiten statt. Der Erbanspruch des überlebenden Ehegatten steht unabhängig neben dem bestehenden Ausgleichsanspruch aus dem beendeten Güterstand. Neben dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung ist gesetzlich noch der Güterstand der Gütertrennung nach §§ 206, 207, 242, 243 ZGB geregelt.
Rz. 135
Gesetzliche Erbfolge:
Das türkische ZGB kennt drei Erbordnungen. Erben erster Ordnung sind die leiblichen Abkömmlinge des Erblassers. Nichteheliche Kinder sind ehelichen gleichgestellt. Adoptierte Kinder erben doppelt, da ihre biologische Verwandtschaft zu den leiblichen Eltern andauert. Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers zu gleichen Teilen. Ein vorverstorbener Elternteil wird durch seine Abkömmlinge repräsentiert. Erben dritter Ordnung sind die Großeltern des Erblassers. Der Ehegatte erbt neben Erben erster Ordnung ein Viertel, neben Erben der zweiten Ordnung die Hälfte und neben Erben der dritten Ordnung drei Viertel. Sind keine Erben der drei Ordnungen vorhanden, so wird der Ehegatte Alleinerbe. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft in Form einer Gesamthandsgemeinschaft.
Rz. 136
Testamentsformen:
Das eigenhändige Testament muss vom Testator eigenhändig errichtet, unterschrieben und mit Tag, Monat und Jahr der Errichtung versehen sein. Es besteht die Möglichkeit, das eigenhändige Testament beim Notar oder Friedensgericht verwahren zu lassen. Daneben existiert das öffentliche Testament, welches vor einem Notar, öffentlichen Beamten oder dem Friedensgericht errichtet wird. Erforderlich ist die Gegenwart von zwei Zeugen. Möglich sind Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und Bedingungen sowie die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen. Möglich ist auch die Errichtung eines Erbvertrags (sowohl negativer wie positiver Erbvertrag). Ein- oder zweiseitige Verfügungen sind zulässig, ebenfalls die Entgeltlichkeit. Unbekannt im türkischen Recht ist jedoch das von den Ehegatten gemeinsam errichtete Testament. Da das Testament im türkischen Recht eine einseitige Erklärung darstellt, scheiden gemeinsame Erklärungen der Ehegatten aus.
Rz. 137
Pflichtteilsrecht:
Der Pflichtteilsanspruch ist in Art. 506 ZGB geregelt und als echtes Noterbenrecht ausgestattet und garantiert eine dingliche Beteiligung am Nachlass. Berechtigt sind die leiblichen Abkömmlinge, der Ehegatte, die Eltern und Geschwister des Erblassers. Erforderlich ist es, den Pflichtteil in Form einer Herabsetzungsklage gegen die Erben geltend zu machen.
Rz. 138
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft:
Die Erbschaft geht auf die Erben über, ohne dass es eines Zutuns der Erben bedarf. Nimmt der Erbe Handlungen wie zum Beispiel die Abwicklung des Nachlasses oder die Überführung von Nachlassgegenständen in sein eigenes Vermögen vor, so gilt die Erbschaft in jedem Fall als angenommen. Die Erben haben das Recht, die angefallene Erbschaft binnen einer Frist von drei Monaten gegenüber dem Friedensgericht gemäß Art. 605 ZGB auszuschlagen. Aus wichtigem Grund kann das Friedensgericht diese Frist verlängern. Die Erklärte Ausschlagung wird in ein beim Friedensgericht geführtes Register eingetragen.
Rz. 139
Erbschaftsteuerrecht:
Nach türkischem Erbschaftsteuerrecht unterliegt der Erwerb von Todes wegen der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn der Erwerber (Erbe/Beschenkter) oder Erblasser türkischer Staatsbürger ist. Daneben tritt unbeschränkte Steuerpflicht ein, wenn sowohl der Erbe als auch der Erblasser beide auf dem türkischen Staatsgebiet gebietsansässig sind. Beschränkte Steuerpflicht tritt indes stets ein, wenn sich der Nachlassgegenstand auf dem Gebiet der Türkei befindet. Von der Erbschaftsteuer bestehen sachliche Befreiungen. Die Steuersätze von Todes wegen variieren zwischen 1 und 10 %. Die Schenkungssteuersätze zwischen 10 und 30 %.