Rz. 59

Um in internationalen Fällen die formwirksame Errichtung von Testamenten zu erleichtern und um zu verhindern, dass ein Testament nur deswegen formnichtig ist, weil sich der Testator bei Errichtung des Testaments an den Formerfordernissen eines Rechts orientiert hat, welches später aus Sicht des entscheidenden Gerichts auf die Formerfordernisse nicht anwendbar ist, hat die Haager Konferenz in das Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht vom 5.10.1961 (TestFormÜbk) mit einem weiten Strauß von möglichen Anknüpfungen geschaffen. Das Abkommen wurde von Deutschland ratifiziert[30] und die einschlägige Regelung in Art. 26 Abs. 13 EGBGB übernommen. Die Bedeutung dieser Regelung ergibt sich daraus, dass das Übereinkommen nicht nur von zahlreichen Staaten ratifiziert worden ist.[31] Art. 27 Abs. 1 bis 3 EuErbVO übernimmt ebenfalls die kollisionsrechtlichen Regeln des Haager Testamentsformüberkommens und erstreckt diese darüber hinaus auf alle Arten von Verfügungen von Todes wegen. Mittelbar gilt das Haager Übereinkommen daher nun auch in den EU-Mitgliedstaaten, die dieses bislang nicht ratifiziert haben.

Für die Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben (wie z.B. die Bundesrepublik Deutschland) ergibt sich aus Art. 75 Abs. 1 UA 2 EuErbVO der Anwendungsvorrang des Haager Übereinkommens. Art. 27 EuErbVO ist dann nur noch für die Verfügungen von Todes wegen maßgeblich, die nicht Testamente i.S.d. Haager Übereinkommens sind und daher von dem Übereinkommen noch nicht erfasst werden.

 

Rz. 60

Eine letztwillige Verfügung ist danach hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn diese den Formerfordernissen auch nur einer der folgenden Rechte entspricht:

1. Das Recht des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat (Ortsform, Art. 1 Abs. 1 lit. a TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. a EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB A.F.).
2. Das Recht irgendeines der Staaten, dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, angehörte (Art. 1 Abs. 1 lit. b Fall 1 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. b EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 1 Fall 1 EGBGB a.F.).
3. Das Recht irgendeines der Staaten, dem der Erblasser im Zeitpunkt im Zeitpunkt seines Todes angehörte (Art. 1 Abs. 1 lit. b Fall 2 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. b EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 1 Fall 2 EGBGB a.F.).
4. Das Recht eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, seinen Wohnsitz hatte (Art. 1 Abs. 1 lit. c Fall 1 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. c EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 3 Fall 1 EGBGB a.F.). Ob der Erblasser an einem bestimmten Ort einen Wohnsitz hatte, regelt das an diesem Ort geltende Recht (Art. 1 Abs. 3 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 S. 2 EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 S. 2 EGBGB a.F.).
5. Das Recht eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz hatte (Art. 1 Abs. 1 lit. c Fall 2 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. c EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 3 Fall 2 EGBGB a.F.).
6. Das Recht eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 1 Abs. 1 lit. d Fall 1 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. d EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 3 Fall 3 EGBGB a.F.).
7. Das Recht eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 1 Abs. 1 lit. d Fall 2 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. d EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 3 Fall 4 EGBGB a.F.).
8. Das Recht des Ortes, an dem sich unbewegliches Vermögen befindet, soweit die Verfügungen des Testaments dieses Vermögen betreffen (Art. 1 Abs. 1 lit. e TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 1 lit. e EuErbVO = Art. 26 Abs. 1 Ziff. 4 EGBGB a.F.).
 

Rz. 61

Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Verweisung auf das Recht des Ortes an dem die Verfügung errichtet worden ist (Art. 27 Abs. 1 lit. a EuErbVO). Dies gilt vor allem für Verfügungen, die notariell beurkundet werden. Bei diesen ergibt sich aus dem Beurkundungsvermerk nicht nur eine amtliche Bestätigung, dass die am Errichtungsort geltenden Formerfordernisse eingehalten worden sind, sondern zugleich auch ein Beweis, in welchem Staat die Errichtung stattgefunden hat.

 

Rz. 62

Die Verweisungen des Abkommens wie auch in Art. 27 EuErbVO. sind Sachnormverweisungen. Rück- und Weiterverweisungen des ausländischen Rechts sind also nicht zu beachten (Art. 34 Abs. 2 EuErbVO).

 

Rz. 63

Das Formstatut erfasst z.B. die Frage, ob Zeugen herbeizuziehen sind, welche Personen als Zeugen geeignet oder ausgeschlossen sind (Art. 5 S. 2 TestFormÜbk = Art. 27 Abs. 3 S. 2 EuErbVO) und ob die mündliche Errichtung eines Testaments möglich ist.[32] Auch die Folgen eines Formverstoßes ergeben sich aus dem Testamentsformstatut.

 

Beispiel

Hat z.B. ein bestimmter Fehler bei der Errichtung nach allen in Frage kommenden Rechten zur Folge, dass das Testament nicht formwirksam ist, ist dieser Fehler aber nach einer einzigen der für die Formwirksamkeit anwendbaren Rechtsordnungen aber nur dann beachtlich, w...

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