Rz. 154

Nachdem das Vereinigte Königreich von der Möglichkeit zum opt in zur Erbrechtsverordnung keinen Gebrauch gemacht hat, trat die Erbrechtsverordnung in England nicht in Kraft. Das bedeutet, dass für englische Rechtsanwender das auf die Erbfolge anwendbare Recht auch ohne Brexit nach den überkommenen Regeln des common law zu bestimmen ist. Aus Sicht der übrigen Mitgliedstaaten der Union freilich gelten die Regeln der Erbrechtsverordnung als sog. loi uniforme unabhängig davon, wie sich das UK zur Verordnung verhält.

 

Rz. 155

Nach dem englischen common law gilt für die Erbfolge des unbeweglichen Nachlasses das jeweilige Belegenheitsrecht. Für den beweglichen Nachlass gilt das Recht am letzten domicile des Erblassers. Ein domicile i.S.d. englischen Rechts bezeichnet die Verbindung zu einem bestimmten Rechtsgebiet. Niemand kann ohne domicile sein oder zur selben Zeit mehr als ein domicile haben. Das sog.domicile of origin ist das domicile des ehelichen Vaters und dieses erwerben seine Kinder durch Geburt. Eine volljährige Person kann ein eigenes domicile begründen (domicile of choice), indem sie den gewöhnlichen Aufenthalt in ein anderes Rechtsgebiet verlegt, in der Absicht, dort endgültig oder zumindest dauerhaft zu bleiben. Es darf keine Absicht bestehen, in das ursprüngliche Gebiet zurückzukehren Daher kann selbst bei einem Aufenthalt von mehreren Jahrzehnten kein domicile of choice entstehen, solange der Betreffende sich – etwa für die Zeit des Rentenalters – die Rückkehr in seine Heimat vorbehält. Sicherheitshalber sollten daher in ein Testament Angaben zu den für die Bestimmung des domicile entscheidenden Umständen aufgenommen werden (Beispiel für eine entsprechende declaration of domicile siehe unten Rdn 392). Nach Aufgabe des domicile of choice lebt das domicile of origin wieder auf.

 

Rz. 156

Rück- und Weiterverweisungen eines ausländischen Rechts werden beachtet. Allerdings wird nach der sog. foreign court doctrine das anwendbare Recht so bestimmt, wie das Gericht des Staates entscheiden würde, auf dessen Recht das englische Recht zuerst verwiesen hat. Nach Verweisung auf das deutsche Recht wäre also ggf. nach Rückverweisung auf das englische Recht mit dem deutschen Recht wieder der Rückweg in das deutsche Recht anzutreten (sog. double renvoi – doppelte Rückverweisung).

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