Rz. 186
Wegen des kosten- und zeitaufwendigen Nachlassverfahrens stellt sich gerade bei in Deutschland lebenden Erblassern die Frage, wie diese für ihr in England belegenes Vermögen das Nachlassverfahren vermeiden können (Verfügungen am Nachlass vorbei). Dazu sei hier auf zwei der praktisch wichtigsten Rechtsinstitute hingewiesen:
a) Joint tenancy
Rz. 187
Bei der joint tenancy wird ein Vermögensgegenstand von mehreren Personen in der Weise erworben, dass er den Beteiligten – wie in einer Gesamthandsgemeinschaft – insgesamt gemeinsam zusteht. Voraussetzung ist, dass die Beteiligung der Miteigentümer in vierfacher Hinsicht einheitlich ist (four unities):
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Jeder muss Besitzer des ganzen und nicht nur eines Teils des Vermögensgegenstandes sein (unity of possession). |
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Alle müssen in Umfang, Art und Dauer des Rechts das gleiche Recht an dem Gegenstand besitzen (unity of interest). |
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Die Beteiligung aller Miteigentümer an dem Gegenstand muss auf demselben Erwerbstitel beruhen (unity of title), also z.B. ein gemeinsamer Kauf von einem Dritten oder der Erwerb durch ein Vermächtnis. |
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Schließlich muss das Recht der Begünstigten zur selben Zeit entstehen (unity of vesting). |
Rz. 188
Verstirbt einer der joint tenants, so fällt dessen Anteil nicht in seinen Nachlass, sondern wächst unmittelbar den anderen joint tenants zu. Die anderen joint tenants erwerben den Anteil des Verstorbenen ipso iure außerhalb des Erbrechts (ius accrescendi). Hauptanwendungsfall für die joint tenancy ist der Erwerb des Familienwohnheims durch Eheleute – aber auch Bankguthaben können mehreren Personen als joint tenants zustehen.
Rz. 189
Durch die entsprechende Strukturierung des Erwerbs einer Immobilie in England kann also verhindert werden, dass beim Tod eines Miteigentümers ein Nachlassverfahren durchzuführen ist.
Rz. 190
Ein Erblasser kann auch einen in England belegenen Gegenstand mehreren Personen in der Weise zuwenden, dass diese – z.B. die Ehefrau und die Kinder – den Gegenstand in joint tenancy erwerben. Nach Jülicher sei dies bei Geltung deutschen Erbstatuts nicht möglich, da das deutsche Erbrecht die joint tenancy nicht kenne. Nach deutschem Erbrecht ist es aber durchaus möglich, einen Gegenstand mehreren Personen gemeinsam zu vermachen. Die dingliche Berechtigung der Vermächtnisnehmer als Miteigentümer an einem Gegenstand unterliegt dann gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB zwingend dem Sachenstatut. Kennt ein ausländisches Sachenrecht mehrere Formen des Miteigentums, so muss auch nach deutschem Erbrecht der Erblasser klarstellen, in welcher Rechtsform die Vermächtnisnehmer an dem Gegenstand beteiligt sein sollen. Er muss also gezwungenermaßen zwischen der joint tenancy und der tenancy in common wählen. Insoweit dürfte also auch bei Geltung deutschen Erbstatuts die Zuwendung eines dem englischen Sachenrecht unterliegenden Gegenstands an mehrere Personen in joint tenancy möglich sein.
b) Trust
Rz. 191
Soll der Nachlass längere Zeit für die Begünstigten verwaltet werden, nacheinander mehreren Personen zugutekommen oder gleichzeitig einer Vielzahl von Personen zugutekommen, so kann dies durch Errichtung eines trust erreicht werden. Dieser kann schon unter Lebenden oder auch erst durch Testament errichtet werden (vgl. ausführlich oben Rdn 131).