Rz. 108
Die Nachlassspaltung stellt an den Berater besondere Anforderungen. Dabei gilt es nicht nur, mögliche Probleme zu erkennen und zu neutralisieren. Es können sich aus der Nachlassspaltung auch neue, dem Heimatrecht des Erblassers unbekannte Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Ggf. können Pflichtteilsansprüche reduziert und eine gegenständliche Erbeinsetzung ermöglicht werden. Ebenso wie die vorstehende Aufstellung nur einige der Probleme erfasst, so sind auch die nachstehenden Hinweise nur typisierte Hinweise, die eine eigenständige Lösung des Einzelfalls nach seiner genauen Analyse anregen sollen.
a) Einheitliches oder gespaltenes Testament?
Rz. 109
In der Literatur wird für den Fall der Nachlassspaltung häufig die Errichtung gesonderter Verfügungen für die einzelnen Spaltnachlässe empfohlen (vgl. zum Beispiel USA unten Rdn 431). Allerdings ist auch das Sondertestament nicht geeignet, alle Probleme im Zusammenhang mit dem Nachlass in den USA "elegant zu vermeiden": Das im Ausland errichtete Testament muss – regelmäßig entgegen der Erwartung des Erblassers – selbst dann in Deutschland eröffnet werden, wenn es sich ausdrücklich nicht auf den in Deutschland belegenen Nachlass erstreckt und der Wille des Erblassers darauf gerichtet war, dass dieses Schriftstück ausschließlich in den USA zur Nachlassabwicklung eingesetzt wird. Bei unvollständiger Abstimmung der Entwürfe kommt es zwischen den Testamenten zu Widersprüchen, Auslegungsproblemen und Streit unter den Erben. Die Spaltung der Verfügungen in einzelne separate Dokumente erschwert zudem die Koordination zwischen den Verfügungen, vor allem auch bei nachträglichen Veränderungen der Vermögensverhältnisse (wie gilt z.B. ein auf den US-Nachlass bezogenes Testament fort, wenn der Erblasser diesen Vermögenteil in eine GmbH einbringt oder verkauft und aus dem Erlös Aktien kauft?). Weiterhin umstritten ist auch die Frage, ob z.B. bei einem auf das US-Vermögen bezogenen Testament dieses sich ausschließlich auf die dort belegenen Immobilien beziehen darf oder ob auch das in den USA belegene bewegliche Vermögen einzubeziehen ist (siehe dazu unten Rdn 431).
b) Zuordnung von Nachlassverbindlichkeiten
Rz. 110
Streit darum, welchem Nachlass Nachlassschulden zuzuordnen sind, lässt sich dadurch umgehen, dass diese Frage testamentarisch geregelt wird. Angemessen ist wohl regelmäßig eine Aufteilung nach dem Verhältnis, in dem die Aktivwerte der einzelnen Nachlassteile zueinander stehen. Die Erben müssen sich dann aber über die Bewertung des Nachlasses einigen, was streitträchtig ist. Am praktikabelsten ist es wohl, solche Verbindlichkeiten, die mit einzelnen Nachlassmassen eindeutig zusammenhängen, diesen zuzuordnen (z.B. Finanzierungsverbindlichkeiten für eine Immobilie; Unternehmensverbindlichkeiten). Die übrigen Verbindlichkeiten könnte dann der Erblasser nach von ihm fixierten Quoten verteilen.
Rz. 111
Muster 26.23: Zuordnung von Verbindlichkeiten
Muster 26.23: Zuordnung von Verbindlichkeiten
Die Darlehensverbindlichkeiten, die durch eine Hypothek an meinem Haus in Cannes abgesichert werden, tragen die Erben dieses Nachlassteils. Die Verbindlichkeiten aus meinem Unternehmen, soweit sie in der letzten Bilanz und der Aufstellung des Sonderbetriebsvermögens auftauchen, übernimmt der Nachfolger in mein Unternehmen. Die übrigen Erben haben insoweit Anspruch auf Freistellung.
Die übrigen Nachlassverbindlichkeiten, Erbfallkosten etc. sind wie folgt zu tragen:
Alma 25 %, Berthold 30 % und die Abkömmlinge von Christine für jeden Stamm je 15 %.
c) Anrechnung und Ausgleichung von lebzeitigen Zuwendungen
Rz. 112
Ist eine Person, die Vorempfänge erhalten hat, an mehreren Spaltnachlässen beteiligt, so ist streitig, wie die Zuordnung zur Ausgleichung und Anrechnung erfolgen soll. Eine Lösung dieses Problems durch die Lehre oder Rechtsprechung zu erreichen, ist unmöglich. Die Lösungen werden nicht in jedem Land gleich sein, die Gerichte für jeden Spaltnachlass also u.U. anders entscheiden. Auch hier wird es daher auf die Gestaltung durch den Erblasser ankommen. So kann er z.B. – unter der Voraussetzung, dass das für einzelnen Spaltnachlässe geltende Erbstatut dies zulässt – die Anrechnung auf den testamentarischen Erbteil insgesamt ausschließen oder für einen bestimmten Nachlassteil vorschreiben. Wegen der zwingenden Natur sind die Möglichkeiten der Gestaltung bei der Anrechnung auf den Pflichtteil geringer. Versucht der Erblasser, die Anrechnung auf Pflichtteile aus mehreren Spaltnachlässen zu erreichen, so könnte der Pflichtteilsberechtigte dies für die Einrede nutzen, dass keine der Anordnungen wirksam sei.
Rz. 113
Muster 26.24: Zuordnung von lebzeitigen Zuwendungen
Muster 26.24: Zuordnung von lebzeitigen Zuwendungen
Mein Sohn Alberto hat anlässlich seiner Eheschließung einen Teil meiner Ranch in Texas erhalten. Dieser Vorerwerb ist nicht bei der Auseinandersetzung meiner Immobilien in Texas zu berücksichtigen, sondern ausschließlich bei der Auseinandersetzung meines i...