a) Verweisung auf das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt
Rz. 48
Ist der Erbfall nach dem 16.8.2015 eingetreten, so richtet sich gem. Art. 21 EuErbVO die Erbfolge nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte – sollte er nicht sein Heimatrecht gewählt haben (Art. 22 EuErbVO – siehe dazu oben Rdn 25). In Deutschland lebende ausländische Staatsangehörige werden also nunmehr stets nach deutschem Recht beerbt. Dies gilt auch aus Sicht der anderen EU-Mitgliedstaaten (i.S.d. EuErbVO).EuErbVO.
Rz. 49
Besitzt der in Deutschland lebende ausländische Erblasser die Staatsangehörigkeit eines Staates, der nicht Mitgliedstaat i.S.d. Erbrechtsverordnung ist und wird dort das Erbstatut an die Staatsangehörigkeit angeknüpft (wie z.B. in den noch außerhalb der EU verbliebenen Balkanstaaten, in den arabischen Staaten und einzelnen Staaten Ostasiens wie Japan und Korea), so besteht die Gefahr eines internationalen Entscheidungsdissenses. Das mag insbesondere dann unangenehm sein, wenn noch erhebliche Verbindungen zum Heimatstaat bestehen, insbesondere dort noch Vermögen belegen ist.
b) Rückverweisung durch das ausländische Aufenthaltsrecht
Rz. 50
Gem. Art. 34 Abs. 1 EuErbVO ist nach Verweisungen auf das ausländische Aufenthaltsrecht des Erblassers auch das ausländische Kollisionsrecht anzuwenden (Kollisionsnormverweisung bzw. IPR-Verweisung). War also z.B. der Erblasser US-amerikanischer Staatsangehöriger mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Kalifornien, so verweisArt. 21 EuErbVO auf das US-amerikanische Aufenthaltsrecht des Erblassers. Diese Verweisung bezieht sich dann gem. Art. 36 Abs. 2 Ziff. 1 EuErbVO auf das Recht des Einzelstaates Kalifornien. Nach dem in Kalifornien geltenden IPR dagegen unterliegt die Erbfolge des beweglichen Vermögens dem am letzten domicile des Erblassers geltenden Recht, während für Immobilien das jeweilige Belegenheitsrecht gilt (dazu siehe unten Rdn 388). Hinterließ der Erblasser also z.B. ein Grundstück oder eine Eigentumswohnung in Deutschland, so ist nach kalifornischem Kollisionsrecht für deren Vererbung deutsches Recht anwendbar – das kalifornische Recht verweist also auf das deutsche Recht zurück (Rückverweisung). Art. 34 Abs. 1 EuErbVO bestimmt, dass es in diesem Fall bei der Geltung deutschen Erbrechts bleibt. Die Verweisungskette wird also im Inland "abgebrochen".
Rz. 51
Muster 26.11: Einleitungsklausel bei Rückverweisung
Muster 26.11: Einleitungsklausel bei Rückverweisung
Ich bin US-amerikanischer Staatsangehöriger. Ich wohne seit dem Jahr 1994 in Kalifornien und habe dort meinen Lebensmittelpunkt. In Deutschland habe ich eine Eigentumswohnung, die in Münster, Hüfferstraße 37d belegen ist. Diese benutze ich ausschließlich für gelegentliche Besuche in Deutschland. Ich möchte auch in Kalifornien bleiben, insbesondere plane ich nicht, dauerhaft nach Deutschland zu übersiedeln. Ich gehe daher davon aus [der beurkundende Notar hat mich darauf hingewiesen], dass sich mein gewöhnlicher Aufenthalt wie auch mein domicile i.S.d. kalifornischen Rechts in Kalifornien befindet. Dementsprechend wird die Erbfolge meiner vorgenannten Immobilie, und ausschließlich diese, wegen der Belegenheit in Deutschland aus kalifornischer und kraft Rückverweisung auch aus deutscher Sicht dem deutschen Recht unterliegen.
Rz. 52
Verweist das ausländische Aufenthaltsrecht auf das Recht eines dritten Staates, so wird gem. Art. 34 Abs. 1 EuErbVO auch das (Weiterverweisung) mit Einschränkungen akzeptiert (siehe oben Rdn 8). Ob das IPR dieses dritten Staates angewandt wird oder die Verweisung des Heimatstaates auf das Recht des dritten Staates unmittelbar auf das materielle Recht dieses dritten Staates zielt (Sachnormverweisung), bestimmt das IPR des Staates, der die Weiterverweisung ausgesprochen hat (also das IPR des Heimatstaates).