Rz. 313
Die Testierfähigkeit und die Fähigkeit, einen Erbvertrag abzuschließen, ist gem. Art. 94 IPRG gegeben, wenn die entsprechende Person im Zeitpunkt der Verfügung nach dem Recht am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt oder nach dem Recht eines ihrer Heimatstaaten verfügungsfähig ist. Diese alternative Anknüpfung begünstigt die Wirksamkeit der Verfügung.
Rz. 314
Die materielle Wirksamkeit des Erbvertrags unterstellt Art. 95 Abs. 1 IPRG dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses. Insoweit verweist das schweizerische Recht unmittelbar auf das materielle Recht des Wohnsitzstaates (Sachnormverweisung). Rück- und Weiterverweisungen bleiben also unberücksichtigt.
Rz. 315
Für die Wirksamkeit des Erbvertrags wird ein nach den Umständen zum Zeitpunkt des Abschlusses bestimmtes unwandelbares Errichtungsstatut ermittelt. Eine spätere Wohnsitzverlegung kann sich auf die Wirksamkeit nicht mehr auswirken.
Rz. 316
Zu beachten ist allerdings, dass dieses Errichtungsstatut nicht für die materielle Wirksamkeit von Testamenten gilt. Diese wird also nach dem (nach dem Wohnsitz beim Eintritt des Erbfalls oder kraft zulässiger Rechtswahl bestimmten) effektiven Erbstatut beurteilt. Ausgenommen ist insoweit allein die Testierfähigkeit (siehe oben Rdn 313).
Rz. 317
Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen müssen gem. Art. 95 Abs. 3 IPRG dem Wohnsitzrecht des Verfügenden entsprechen. Bei dieser Verweisung handelt es sich um eine Sachnormverweisung, so dass das IPR des Wohnsitzstaates unbeachtet bleibt. Dies gilt dann nicht nur für gegenseitige (zweiseitige) Erbverträge, sondern nach wohl allgemeiner Ansicht in der Schweiz auch für gemeinschaftliche Testamente mit gegenseitigen und wechselbezüglichen Verfügungen. Jedoch kann der bzw. können die Erblasser im Erbvertrag bzw. in dem gemeinschaftlichen Testament die Erbfolge und damit dann auch die Wirksamkeit des Erbvertrags bzw. gemeinschaftlichen Testaments ihrem jeweiligen Heimatrecht unterstellen. Anders als die Rechtswahl nach Art. 90 Abs. 2 IPRG bleibt diese Rechtswahl durch einen späteren Wechsel der Staatsangehörigkeit unberührt. Anders als nach Art. 25 Abs. 3 EuErbVO ist eine entsprechende Rechtswahl allerdings nur dann wirksam, wenn sämtliche Verfügenden dem Staat angehören, dessen Recht für den Erbvertrag gewählt worden ist.
Rz. 318
Muster 26.51: Rechtswahl im Erbvertrag/gemeinschaftlichen Testament
Muster 26.51: Rechtswahl im Erbvertrag/gemeinschaftlichen Testament
Wir sind beide deutsche Staatsangehörige. Wir unterstellen daher diesen Erbvertrag/dieses gemeinschaftliche Testament [und die Erbfolge unseren beiderseitigen Nachlass] dem deutschen Recht.
Rz. 319
Für die Bestimmung des auf die Formwirksamkeit letztwilliger Verfügungen anwendbaren Rechts gilt das Haager Testamentsformübereinkommen. Über Art. 93 Abs. 2 IPRG gilt dieses Übereinkommen sinngemäß auch für die Form anderer Verfügungen von Todes wegen – insb. Erbverträge, Erbverzichtsverträge und Schenkungen von Todes wegen.