Rz. 150

Vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl gilt für den Güterstand gem. Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. das zum Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeine Wirkung der Ehe geltende Recht. Es wird also auf die in Art 14 Abs. 1 EGBGB a.F. statuierte Anknüpfung verwiesen. Dabei fallen wegen der Fixierung des Anknüpfungszeitpunkts auf den Beginn der Ehe logischerweise die zweite und vierte Sprosse in der Anknüpfungsleiter des Art. 14 Abs. 1 EGBGB a.F. weg. Im Ergebnis ergibt sich für das Güterstatut damit folgende Stufenfolge:

1. Stufe: Das Recht des Staates, dem beide Eheleute bei Eheschließung angehörten, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 1 EGBGB a.F.
2. Stufe: Das Recht des Staates, in dem bei Eheschließung beide Eheleute ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB a.F.
3. Stufe: Das Recht des Staates, mit dem beide Eheleute bei Eheschließung auf andere Weise am engsten verbunden waren, Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Ziff. 3 EGBGB a.F. Dabei wird man wegen der Unwandelbarkeit des Güterstatuts, die dazu führt, dass dieses grundsätzlich für die gesamte Dauer der Ehe fortbesteht, sinnvollerweise noch eher als bei der Bestimmung des allgemeinen Ehewirkungsstatuts die konkreten Zukunftspläne bei Eheschließung der Eheleute berücksichtigen müssen und vergangenheitsbezogene Aspekte außer Acht lassen.[76] Eine besondere Bedeutung kommt daher dem Staat zu, in dem die Eheleute nach der Eheschließung zusammenleben wollen – zumindest wenn sie alsbald nach der Heirat eine Übersiedlung in diesen Staat konkret in Angriff genommen haben.[77]
 

Rz. 151

Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. fixiert zur Bestimmung des Güterstatuts die Anknüpfung auf den Zeitpunkt der Eheschließung. Dies führt dazu, dass Änderungen der für die Anknüpfung maßgeblichen Umstände während der Dauer der Ehe sich auf das Güterstatut nicht mehr auswirken (sog. Unwandelbarkeit des Güterstatuts). Dies hat den Vorteil der Stabilität des Güterstands. Nachteilig ist, dass auf diese Weise die Eheleute sich unter Umständen in dem gesetzlichen Güterstand eines Staates befinden, in dem sie schon lange nicht mehr leben oder den es nicht mehr gibt. Diesen Nachteilen können sich die Eheleute dadurch entziehen, dass sie das Güterstatut durch Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB a.F. ändern.

[76] OLG Köln FamRZ 1998, 1590; Soergel/Schurig, Art. 15 EGBGB Rn 12.
[77] NK-BGB/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn 15; Palandt/Thorn, Art. 15 EGBGB Rn 19.

a) Rück- bzw. Weiterverweisung durch das ausländische Recht

 

Rz. 152

Bei der Verweisung auf das Recht eines ausländischen Staates ist gem. Art. 4 Abs. 1 EGBGB auch das ausländische internationale Güterrecht anzuwenden und ggf. eine Rück- oder Weiterverweisung durch das IPR der ausländischen Rechtsordnung zu beachten. Bestritten wird hier allein die Beachtlichkeit eines Renvoi bei Anknüpfung an die "engste Verbindung" auf der 3. Stufe.[78]

Nach Art. 3a Abs. 2 EGBGB (bis zum 1.1.2009: Art. 3 Abs. 3 EGBGB a.F.) gilt die Verweisung aus Art. 15 EGBGB a.F. nicht für Gegenstände, die sich in einem Staat befinden, dessen Recht nicht anwendbar ist, soweit diese nach dem Recht des dieses Staates "besonderen Vorschriften" unterliegen. Nach der Rechtsprechung und überwiegenden Auffassung in der Lehre sind "besondere Vorschriften" in diesem Sinne auch Kollisionsnormen des ausländischen Belegenheitsstaates, die das dort belegene Vermögen unabhängig von der Person der Ehegatten dem dortigen Güterrecht unterwerfen (Einzelstatut). Das gilt vor allen Dingen für die Länder, in denen die güterrechtliche Regelung des Common Law gilt, wonach sich die güterrechtlichen Verhältnisse von Grundstücksvermögen nach der lex rei sitae richten[79] wie z.B. in Schottland und in den US-amerikanischen Staaten. Für ein von deutschen Eheleuten in San Franciso gekauftes Ferienhaus gilt also nicht die Zugewinngemeinschaft deutschen, sondern die Gütergemeinschaft kalifornischen Rechts.

[78] Vgl. NK-BGB/Sieghörtner, Art. 15 EGBGB Rn 29.
[79] MüKo-BGB/Sonnenberger, 5. Aufl. 2010, Art. 3a EGBGB Rn 13; Palandt/Thorn, Art. 3a EGBGB Rn 6.

b) Übergangsregeln für vor dem 9. April. 1983 geschlossene Ehen

 

Rz. 153

Durch das am 9.4.1983 verkündete Urteil des BVerfG war die Unwirksamkeit von Art. 15 EGBGB 1900 rückwirkend zum 1.4.1953 festgestellt worden. Für die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des IPR am 1.9.1986 geschlossenen Ehen wurde daher in Art. 220 Abs. 3 EGBGB eine komplexe Übergangsregelung geschaffen. Vereinfacht gilt danach Folgendes:

Für vor dem 1.4.1953 geschlossene Ehen gilt weiterhin Art. 15 EGBGB 1900 und damit das Heimatrecht des Ehemannes bei Eheschließung, Art. 220 Abs. 3 S. 6 EGBGB. Die Eheleute können aber eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB 1986. treffen.
Für nach dem 8.4.1983 geschlossene Ehen ist das Güterstatut nach dem 1986 erlassenen Art. 15 EGBGB 1986. zu bestimmen, Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB.

Für nach dem 31.3.1953 und vor dem 9.4.1983 geschlossene Ehen gilt

das gemeinsame Heimatrecht der Eheleute, wenn diese bei Eheschließung eine gemeinsame Staatsangehörigkeit besaßen, Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EGBGB.
Bei un...

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