a) Rechtswahl nach der Europäischen Erbrechtsverordnung
Rz. 25
Will ein deutscher Erblasser sicherstellen, dass er trotz Anwendung der Europäischen Erbrechtsverordnung auch dann noch nach deutschem Recht beerbt wird, wenn er zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat (z.B. weil ihn seine Kinder wegen des angenehmen Klimas und der geringeren Kosten in ein Pflegeheim an der kroatischen Adria verbracht haben), so sollte er in sein Testament eine ausdrücklich Rechtswahlklausel aufnehmen.
Gem. Art. 22 Abs. 1 EuErbVO kann der Erblasser für die Erbfolge das Recht des Staates wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt seines Todes angehört.
Muster 26.6: Rechtswahl nach der Erbrechtsverordnung
Muster 26.6: Rechtswahl nach der Erbrechtsverordnung
Ich besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. Ich unterstelle die Erbfolge in meinen gesamten Nachlass dem deutschen Recht.
Rz. 26
Der Vorschlag zur Erbrechtsverordnung hatte noch offengelassen, wie die Rechtswahlmöglichkeiten im Fall eines Mehrstaaters zu beurteilen seien. Hier hatte sich bereits die Erkenntnis durchgesetzt, dass bei einem Mehrstaater in "europarechtskonformer Auslegung" sämtliche Staatsangehörigkeiten gleichberechtigt zu beurteilen sind. Art. 22 Abs. 1 UA 2 EuErbVO bestimmt in der Gesetz gewordenen Version nun ausdrücklich, dass eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, das Recht jedes der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Ein Mehrstaater hat also mehrere Rechtswahlmöglichkeiten.
Muster 26.7: Rechtswahl durch einen Mehrstaater nach der Erbrechtsverordnung
Muster 26.7: Rechtswahl durch einen Mehrstaater nach der Erbrechtsverordnung
Ich bin Staatsangehöriger von Deutschland und von Österreich. Ich unterstelle die Erbfolge in meinen gesamten Nachlass meinem österreichischen Heimatrecht.
Rz. 27
Problematisch sind in diesem Zusammenhang die Staatenlosen, Diese können nach dem Wortlaut von Art. 22 EuErbVO kein Recht wählen. Teilweise wird darauf verwiesen, dass gem. Art. 12 Staatenlosenkonvention das Recht des Staates, in dem der Staatenlose seinen Wohnsitz (bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) als sein Personalstatut gilt. Insoweit könnte man daher die Auffassung vertreten, dass diese das Recht des Staates wählen können, in dem sie zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Freilich widerspricht dies der Entscheidung des Gesetzgebers, eine Perpetuierung des Aufenthaltsrechts gerade nicht zuzulassen. Sollte daher ein Staatenloser das aktuelle Aufenthaltsrecht wählen, so muss er damit rechnen, dass diese Rechtswahl nicht anerkannt wird und ein anderes als das gewählte Recht angewandt wird, wenn er mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Staat stirbt.
Rz. 28
Ein weiterer Problemfall sind internationale Flüchtlinge. Die wohl überwiegende Ansicht in Deutschland will diesen – unter Bezugnahme auf die Genfer Flüchtlingskonvention – die Möglichkeit versagen, das Recht des Heimatstaates zu wählen. Damit gilt das Recht des Aufnahmestaates zwingend (im Einzelnen siehe unten Rdn. 95).
Rz. 29
Die Rechtswahl konnte auch schon vor dem Anwendungsstichtag getroffen werden. Art. 83 Abs. 2 EuErbVO bestimmt insoweit ausdrücklich, dass dann, wenn der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht vor dem 17.8.2015 gewählt hatte, diese Rechtswahl nach diesem Stichtag wirksam ist, wenn sie die Voraussetzungen des Kapitels III – also des Art. 22. EuErbVO – erfüllt.
Rz. 30
Fraglich ist, ob eine Rechtswahl ausdrücklich erklärt werden muss oder sich aus anderen letztwilligen Verfügungen durch Auslegung ergeben kann. Art. 22 Abs. 2 EuErbVO bestimmt insoweit, dass die Rechtswahl ausdrücklich erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben muss. Unklar bleibt damit aber die Behandlung der Fälle, in denen der Erblasser bei Errichtung der Verfügung von der Geltung eines bestimmten Rechts ausging, das er wählen konnte, ggf. auch auf besondere Begriffe dieses Rechts Bezug nahm (fideikommissarische Substitution).
Rz. 31
Dabei ist m.E. zu beachten, dass nach Art. 84 Abs. 4 EuErbVO in den Fällen, in denen eine Verfügung von Todes wegen vor dem 17.8.2015 nach dem Recht errichtet wurde, welches der Erblasser nach der EuErbVO hätte wählen können, dieses Recht als das gewählte Recht gilt (sog. fiktive Rechtswahl). Hierbei handelt es sich um eine Sonderregelung für die Übergangsfälle, in denen berücksichtigt werden soll, dass bei Errichtung der Verfügung die in Art. 22 ff. EuErbVO statuierten Rechtswahlmöglichkeiten noch nicht bekannt waren. Daraus ergibt sich dann in nach dem 16.8.2015 errichteten Verfügungen von Tode wegen aus dem Umstand, dass diese nach einem Recht errichtet wurden, das der Erblasser nach der EuErbVO hätte wählen können, dass dieses Recht noch nicht als das gewählte Recht gilt. Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass bei Errichtung des Testaments nach dem 16.8.2015 mehr, als ein (irrtümliches) Ausgehen von der Geltung einer b...