Rz. 300

Verstirbt ein Schweizer mit letztem Wohnsitz in Deutschland, so ist aus deutscher Sicht gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO deutsches Erbrecht anwendbar. Gleiches gilt aus Schweizer Sicht (Art. 90 Abs. 1 IPRG – siehe oben Rdn 294)

Zitat

Art. 91.

(1) Der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz im Ausland untersteht dem Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist.

(2) Soweit nach Artikel 87 die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig sind, untersteht der Nachlass eines Schweizers mit letztem Wohnsitz im Ausland schweizerischem Recht, es sei denn, der Erblasser hat in der letztwilligen Verfügung oder im Erbvertrag ausdrücklich das Recht an seinem letzten Wohnsitz vorbehalten.

Zitat

Art. 87.

(1) War der Erblasser Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig, soweit sich die ausländische Behörde mit seinem Nachlass nicht befasst.

(2) Sie sind stets zuständig, wenn ein Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland sein in der Schweiz gelegenes Vermögen oder seinen gesamten Nachlass durch letztwillige Verfügung oder Erbvertrag der schweizerischen Zuständigkeit oder dem schweizerischen Recht unterstellt hat. Artikel 86 Absatz 2 ist vorbehalten.

 

Rz. 301

Hieraus ergibt sich aus deutscher Sicht eine Verweisung auf das deutsche Recht, soweit der schweizerische Erblasser seinen letzten Wohnsitz i.S.v. Art. 20 IPRG (siehe oben Rdn 291) in Deutschland gehabt hatte.[158] Die Ersatzzuständigkeit schweizerische Gerichte und damit einhergehend die Anwendbarkeit des schweizerischen Erbrechts in Art. 91 Abs. 2 IPRG kommt im Verhältnis zu Deutschland nicht in Betracht, da die deutschen Nachlassgerichte sich gem. §§ 343 Abs. 1, 105 FamFG bzw. gem. Art. 4 EuErbVO für zuständig erklären werden – und zwar auch für den im Ausland belegenen Nachlass. Eine gegenständliche Beschränkung gem. § 2369 BGB kann allenfalls auf Antrag in den Erbschein aufgenommen werden.

[158] BayObLG ZEV 2001, 483. Für Verwirrung sorgte die Formulierung in Art. 91 Abs. 1 IPRG, es gelte "das Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist". Hintergrund dieser Vorschrift ist Art. 14 IPRG, wonach aus schweizerischer Sicht ein Renvoi nur zu beachten ist, wenn das IPRG dies ausdrücklich bestimmt. Vor allem ist in der Schweiz noch nicht abschließend geklärt, wie im Fall der Rückverweisung auf schweizerisches Recht genau zu verfahren ist. Gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist die Verweisung aber aus deutscher Sicht ohne Rücksicht darauf als Rückverweisung auf das deutsche materielle Erbrecht zu behandeln und die Verweisungskette gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB im deutschen Recht abzubrechen. Gegen eine vereinzelt gebliebene abweichende Interpretation von von Overbeck, IPRax 1988, 329, 332, z.B. Lorenz, DNotZ 1993, 152 f.; Siehr, FS Piotet, Bern 1990 S. 547; Haas, in: Bengel/Reimann, Kapitel IX Rn 307; ebenso auch Dörner, IPRax 2004, 520.

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