Rz. 347

Bis zum 16.8.2015 eingetretene Erbfälle unterliegen gem. Art. 9.8 des spanischen Código Civil (CC) dem Heimatrecht des Erblassers im Augenblick seines Todes. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit hat die spanische Staatsangehörigkeit stets Vorrang, Art. 9.9 S. 2 CC, ansonsten entscheidet, in welchem seiner Heimatstaaten der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Art. 9.9 S. 1 CC.

 

Rz. 348

Die Verweisung auf das Heimatrecht in Art. 9.8 CC gilt ausdrücklich "unabhängig davon, welches auch immer die Natur seiner Güter oder das Land ist, in dem sie sich befinden." Dadurch wird der Grundsatz der Nachlasseinheit betont. Die Rechtsprechung duldet selbst im Rahmen einer Rückverweisung keine Nachlassspaltung, sondern lässt die Rückverweisung in solchen Fällen unbeachtet.[182] Auch in Spanien belegene Grundstücke eines deutschen Erblassers werden also ausschließlich nach deutschem Recht vererbt.

 

Rz. 349

Seit 1990 unterliegen die Rechte, die der überlebende Ehegatte kraft Gesetzes erhält dem Recht, welches die Ehewirkungen regelt. Vorbehalten sind die Pflichtteile der Abkömmlinge (Art. 9.8 S. 3 CC). Zweck dieser Bestimmung ist es, Angleichungsprobleme zwischen dem Erb- und dem Güterstatut zu vermeiden.[183] In Spanien war die Reichweite dieser "Spaltung" des Erbstatuts – ob also auch seine gesetzliche Erbquote und seine Pflichtteilsrechte dem Ehewirkungsstatut unterliegen – umstritten. Die Literatur und der Tribunal Supremo gehen davon aus, dass z.B. bei deutschem Güterstatut der deutsche Ehegatte eines Spaniers trotz Geltung spanischen Erbstatuts eine echte Erbquote nach deutschem Erbrecht erhält; und im umgekehrten Fall bei Geltung spanischen Güterstatuts (allerdings nur aus spanischer Sicht) selbst bei deutschem Erbstatut nur den vom spanischen Recht vorgesehenen Nießbrauch.[184]

 

Rz. 350

Testamentarische Verfügungen und Erbverträge, die gemäß dem Heimatrecht des Erblassers oder Verfügenden im Augenblick ihrer Abfassung wirksam sind, behalten gem. Art. 9.8 S. 2 CC ihre Gültigkeit, auch wenn später ein anderes Recht Erbstatut wird. Ein Statutenwechsel nach Errichtung lässt die Wirksamkeit der Verfügung also bestehen – wobei aber anders als im deutschen internationalen Erbrecht auch eine Heilung nichtiger Verfügungen durch Statutenwechsel möglich ist.

[182] Vgl. die Entscheidung des spanischen Tribunale Supremo vom 21.5.1999, hierzu Süß, IPRax 2001, 488.
[183] Lopez u.a., Derecho Internacional Privado Espanol, Bd. 2, 8. Auflage, Granada 1994, S. 241.
[184] Vgl. Staudinger/Dörner, Anh Art. 25, 26 EGBGB Rn 796; Süß/Lamarca Marquès, Erbrecht in Europa, Katalonien, Rn 11 (der eine einschränkende Auslegung vertritt); Süß/ Steinmetz/Garcia Alcázar/Huzel, Erbrecht in Europa, Spanien: Gemeinspanisches Recht, Rn 16; Hierneis, in: Ferid/Firsching/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Spanien Grdz., Rn 46, 87 ff.; Mayer/Süß/Tanck/Bittler, § 19 Rn 459; ausführlich Steinmetz/Lozano, ZErb 2008, 64.

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