Rz. 331

Der testamentarisch eingesetzte Erbe hat im schweizerischen Erbrecht dieselbe Stellung, wie der gesetzlich berufene Erbe. Grenzen für die Erbeinsetzung ergeben sich allerdings aus den Pflichtteilen, da diese nicht als Geldansprüche ausgestaltet sind, sondern dem Pflichtteilsberechtigten eine vollberechtigte Erbenstellung in Höhe seiner Pflichtteilsquote vorbehalten. Eine pflichtteilsverletzende Erbeinsetzung hat zwar so lange Bestand, wie sie nicht vom Gericht nach Erhebung der Herabsetzungsklage reduziert worden ist. Der Testator mag aber auch – zumal dann, wenn er einen Pflichtteilsverzicht nicht erreichen konnte und daher mit Widerstand rechnen musste – eine entsprechende Klage vermeiden wollen. Eine Einsetzung der Pflichtteilsberechtigten auf die gesetzliche Pflichtteilsquote ist hierbei nicht ratsam, denn je nach Umfang der ausgleichungspflichtigen Zuwendungen an den Berechtigten und ergänzungspflichtigen Zuwendungen an Dritte mag die effektive Pflichtbeteiligung am Nachlass von der gesetzlichen Pflichtteilsquote abweichen. Daher wird sich folgende Formulierung empfehlen:

 

Rz. 332

Muster 26.53: Erbeinsetzung eines Dritten unter Vorbehalt von Pflichtteilsrechten

 

Muster 26.53: Erbeinsetzung eines Dritten unter Vorbehalt von Pflichtteilsrechten

Ich wende X die gesamte frei verfügbare Quote an meinem Nachlass zu.

 

Rz. 333

Gehört der testamentarische Erbe zu den gesetzlichen Erben, so kann man ihm die gesetzliche Quote belassen und die testamentarische Quote auf die frei verfügbare Quote beschränken:

 

Rz. 334

Muster 26.54: Erbeinsetzung eines gesetzlichen Erben unter Vorbehalt von Pflichtteilsrechten

 

Muster 26.54: Erbeinsetzung eines gesetzlichen Erben unter Vorbehalt von Pflichtteilsrechten

Ich wende meiner Ehefrau X neben dem gesetzlichen Erbteil die gesamte frei verfügbare Quote an meinem Nachlass zu.

 

Rz. 335

Art. 473 ZGB erweitert die verfügbare Quote für Verfügungen zugunsten des überlebenden Ehegatten. Der Erblasser kann ihm statt des gesetzlichen Erbrechts den Nießbrauch (die Nutznießung) am gesamten Nachlass vermachen – soweit der Erblasser gemeinsame Nachkommen hinterlässt. Zusätzlich zu diesem Nießbrauch kann der Erblasser dem Ehegatten die "daneben verfügbare Quote" zuweisen – welche Art. 473 Abs. 2 S. 2 ZGB auf ¼ festsetzt.[175]

 

Rz. 336

Muster 26.55: Begünstigung des überlebenden Ehegatten

 

Muster 26.55: Begünstigung des überlebenden Ehegatten

Ich wende meiner Ehefrau X neben dem gesetzlichen Erbteil die gesamte frei verfügbare Quote meines Nachlasses zu.

Alternativ erhält sie nach ihrer Wahl die frei verfügbare Quote am Nachlass und dazu die Nutznießung am gesamten übrigen Nachlass.[176]

 

Rz. 337

Der testamentarische Erbe kann auch mit der Nacherbfolge belastet werden – wobei freilich die ihm ggf. zustehende Noterbquote unbelastet bleiben muss, Art. 531 ZGB.

[175] Zu den Problemen bei der Bestimmung dieser Quote (sog. Achtelstreit) und ihrer Entscheidung durch das Schweizer Bundesgericht: Wachter, ZEV 2002, 268 ff.
[176] Diese Quoten gelten für den Fall, dass der Erblasser neben dem Ehegatten auch Kinder hinterlässt. Hinterlässt der Erblasser als Verwandte nur Eltern, so beläuft sich die verfügbare Quote samt Erbrecht des Ehegatten auf ⅞.

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