1. Vorrangige Abkommen
Rz. 47
Bei der Erbfolge nach einem ausländischen Staatsangehörigen sind die folgenden bilateralen Abkommen zu beachten, die eine gem. Art. 3 Abs. 2 EGBGB bzw. Art. 75 Abs. 1 EuErbVO vorrangig zu beachtende Anknüpfung enthalten:
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Art. 8 Abs. 3 Deutsch-Persisches Niederlassungsabkommen vom 17.2.1929 und das dazu ergangene Protokoll. Danach unterliegen die testamentarische und gesetzliche Erbfolge, die Nachlassabwicklung und die Erbauseinandersetzung nach einem iranischen Staatsangehörigen seinem iranischen Heimatrecht. Die Anwendung des deutschen Aufenthaltsrechts gem. Art. 21 ff. EuErbVO ist daher ausgeschlossen. Dies betrifft nach wohl zutreffender Auffassung ausschließlich den in Deutschland belegenen Nachlass des iranischen Erblassers. Für den in anderen EU-Mitgliedstaaten der EU belegenen Nachlass eines mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland verstorbenen Erblassers mit iranischer Staatsangehörigkeit haben die deutschen Nachlassgerichte daher ein Nachlasszeugnis unter Zugrundelegung des deutschen Aufenthaltsrechts (Art. 21 EuErbVO) zu erstellen, sollte der Iraner nicht sein iranisches Heimatrecht gewählt haben, Art. 22 EuErbVO. |
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Das Deutsch-Türkische Nachlassabkommen (siehe dazu oben Rdn 9). Dementsprechend unterliegen in Deutschland belegene Immobilien im Nachlass eines türkischen Erblassers dem deutschen Erbrecht; für den in Deutschland belegenen beweglichen Nachlass gilt zwingend das türkische Heimatrecht. |
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Art. 28 Abs. 3 des Deutsch-Sowjetischen Konsularvertrags vom 25.4.1958. Die in Deutschland belegenen Immobilien des Angehörigen eines Nachfolgestaates der Sowjetunion werden daher auch dann nach deutschem Recht vererbt, wenn dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat gehabt haben sollte. Für den beweglichen Nachlass verweist Art. 21 EuErbVO – da der Konsularvertrag hierfür keine vorrangig zu beachtende erbrechtliche Kollisionsnorm enthält – künftig auf das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte – sollte dieser nicht gem. Art. 22 EuErbVO sein Heimatrecht gewählt haben. Da die meisten der Staaten, für die der Konsularvertrag gilt, das Erbstatut hinsichtlich des beweglichen Nachlasses an den letzten Wohnsitz des Erblassers anknüpfen, werden sich in der Praxis regelmäßig übereinstimmende Ergebnisse bei der Anknüpfung des Erbstatuts ergeben. |
2. Objektive Anknüpfung
a) Verweisung auf das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt
Rz. 48
Ist der Erbfall nach dem 16.8.2015 eingetreten, so richtet sich gem. Art. 21 EuErbVO die Erbfolge nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte – sollte er nicht sein Heimatrecht gewählt haben (Art. 22 EuErbVO – siehe dazu oben Rdn 25). In Deutschland lebende ausländische Staatsangehörige werden also nunmehr stets nach deutschem Recht beerbt. Dies gilt auch aus Sicht der anderen EU-Mitgliedstaaten (i.S.d. EuErbVO).EuErbVO.
Rz. 49
Besitzt der in Deutschland lebende ausländische Erblasser die Staatsangehörigkeit eines Staates, der nicht Mitgliedstaat i.S.d. Erbrechtsverordnung ist und wird dort das Erbstatut an die Staatsangehörigkeit angeknüpft (wie z.B. in den noch außerhalb der EU verbliebenen Balkanstaaten, in den arabischen Staaten und einzelnen Staaten Ostasiens wie Japan und Korea), so besteht die Gefahr eines internationalen Entscheidungsdissenses. Das mag insbesondere dann unangenehm sein, wenn noch erhebliche Verbindungen zum Heimatstaat bestehen, insbesondere dort noch Vermögen belegen ist.
b) Rückverweisung durch das ausländische Aufenthaltsrecht
Rz. 50
Gem. Art. 34 Abs. 1 EuErbVO ist nach Verweisungen auf das ausländische Aufenthaltsrecht des Erblassers auch das ausländische Kollisionsrecht anzuwenden (Kollisionsnormverweisung bzw. IPR-Verweisung). War also z.B. der Erblasser US-amerikanischer Staatsangehöriger mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Kalifornien, so verweisArt. 21 EuErbVO auf das US-amerikanische Aufenthaltsrecht des Erblassers. Diese Verweisung bezieht sich dann gem. Art. 36 Abs. 2 Ziff. 1 EuErbVO auf das Recht des Einzelstaates Kalifornien. Nach dem in Kalifornien geltenden IPR dagegen unterliegt die Erbfolge des beweglichen Vermögens dem am letzten domicile des Erblassers geltenden Recht, während für Immobilien das jeweilige Belegenheitsrecht gilt (dazu siehe unten Rdn 388). Hinterließ der Erblasser also z.B. ein Grundstück oder eine Eigentumswohnung in Deutschland, so ist nach kalifornischem Kollisionsrecht für deren Vererbung deutsches Recht anwendbar – das kalifornische Recht verweist also auf das deutsche Recht zurück (Rückverweisung). Art. 34 Abs. 1 EuErbVO bestimmt, dass es in diesem Fall bei der Geltung deutschen Erbrechts bleibt. Die Verweisungskette wird also im Inland "abgebrochen".
Rz. 51
Muster 26.11: Einleitungsklausel bei Rückverweisung
Muster 26.11: E...