Rz. 95
Gem. Art. 12 Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) ist das Recht des Wohnsitzlandes eines Flüchtlings oder, wenn er keinen Wohnsitz hat, das Recht seines Aufenthaltslandes sein Personalstatut. Die Staatsangehörigkeit spielt also für die Anknüpfung des Erbstatuts keine Rolle mehr.
Die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft erübrigt sich in zwei wichtigen Fällen: Gem. § 2 Asylverfahrensgesetz erhalten anerkannte Asylsuchende sowie gem. § 3 Asylverfahrensgesetz Personen, bei denen unanfechtbar die Voraussetzungen eines Abschiebeverbots gem. § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz amtlich festgestellt worden sind, die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention.
Rz. 96
Da mit der Erbrechtsverordnung die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit aufgehoben worden ist, hat das Übereinkommen für das Erbrecht grundsätzlich keine Bedeutung mehr. Vielmehr gerät die sich aus dem Übereinkommen ergebende ersatzweise Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt nun zur Regelanknüpfung. Es ist aber an zwei Sonderfälle zu denken:
In den bilateralen Abkommen mit dem Iran und der Türkei ist die Staatsangehörigkeit weiterhin für die Anknüpfung des Erbstatuts von Bedeutung. Diese Anknüpfung kommt wegen des Vorrangs der Genfer Konvention bei internationalen Flüchtlingen daher nicht mehr zum Zuge.
Rz. 97
Muster 26.19: Internationaler Flüchtling
Muster 26.19: Internationaler Flüchtling
Ich bin iranischer Staatangehöriger. Aufgrund Bescheid des (…) vom (…) ist mein Asylrecht rechtskräftig festgestellt worden. Da ich meinen Lebensmittelpunkt und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland habe, gilt für die Erbfolge nach meinem Tod das deutsche Recht.
Noch zu klären ist meines Erachtens auch noch der Fall der Rechtswahl: Die wohl überwiegende Ansicht will die EuErbVO über Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention korrigieren. Ein Flüchtling kann dann nur noch das Recht des Staates wählen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Effektiv wird er also von der Möglichkeit einer Rechtswahl ausgeschlossen. Diese Ansicht verkennt, dass der Flüchtling sich kulturell weiterhin dem Staat verbunden fühlen kann, aus dem er vertrieben wurde und politische Flüchtlinge regelmäßig zurückkehren wollen, sobald sich die Verhältnisse in ihrer Heimat wieder normalisiert haben. Es ist möglicherweise angemessen, Flüchtlinge im Erbrecht dem Recht des Staates zu unterstellen, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Es spricht aber nichts dafür, diese von einer Wahl ihres Heimatrechts auszuschließen. Zudem ist auch fraglich, ob man mit der Flüchtlingskonvention, die von der EU nicht ratifiziert wurde, die Anknüpfung der EuErbVO modifizieren darf.