1. Internationales Erbrecht
Rz. 230
Für alle nach dem 17.8.2015 eintretenden Erbfälle wird sich das auf die Erbfolge anwendbare Recht nach den Regeln der EuErbVO richten.
Für die vor dem 16.8.2015 eingetretenen Erbfälle unterstellt Art. 28 des griechischen ZGB von 1940 die erbrechtlichen Beziehungen dem Recht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte. Eine Rechtswahl wurde nicht anerkannt. Damit galt für einen griechischen Erblasser griechisches Recht, für einen deutschen Erblasser gilt stets deutsches Recht – also auch soweit in Griechenland belegenes Grundvermögen oder andere Gegenstände betroffen sind (Nachlasseinheit). Bei Mehrstaatern wird aus griechischer Sicht vorrangig auf die griechische Staatsangehörigkeit abgestellt, Art. 31 Abs. 1 ZGB. Wegen Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB kam es daher bei griechisch-deutschen Doppelstaatern zu einem internationalen Entscheidungsdissens.
Rz. 231
Für die Formwirksamkeit eines Testaments gilt das Haager Testamentsformübereinkommen.
2. Gesetzliche Erbfolge, Pflichtteilsrecht
Rz. 232
Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge. In zweiter Ordnung erben die Eltern und die Geschwister nebeneinander zu gleichen Teilen nach Köpfen. Der Ehegatte erbt neben Abkömmlingen zu ¼, in den weiteren Ordnungen zu ½. Die Einleitung des Scheidungsverfahrens lässt nicht automatisch das Erbrecht des Ehegatten entfallen, sondern berechtigt – soweit die Voraussetzungen für die Scheidung erfüllt waren – nur zur Enterbung, Art. 1822 ZGB. Der Testator muss den Ehegatten daher nach Einleitung des Scheidungsverfahrens unter Hinweis auf das Verfahren im Testament ausdrücklich enterben.
Rz. 233
Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge, die Eltern und der Ehegatte. Das Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils (Art. 1825 Abs. 1 S. 2 ZGB). Besonderheit des griechischen Rechts ist dabei, dass ein Testament die Erbenstellung des Pflichtteilsberechtigten in Höhe seiner Pflichtteilsquote unberührt lässt – dieser also in dieser Höhe automatisch Miterbe wird, ohne sein Pflichtteil geltend machen zu müssen. Der Erblasser kann dies verhindern, indem er dem Pflichtteilsberechtigten ein Vermächtnis zuwendet, das seinem Pflichtteil entspricht.
Rz. 234
Griechisches Pflichtteilsrecht findet nach einem Gesetz von 1987 keine Anwendung nach einem griechischen Erblasser, der zumindest 25 Jahre vor seinem Tod ununterbrochen im Ausland gelebt hat (Auslandsgriechen), soweit sich die testamentarischen Verfügungen auf im Ausland belegenes Vermögen beziehen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Regelung des griechischen materiellen Erbrechts (Sachrecht). Sie wird daher durch die EuErbVO nicht verdrängt werden. Freilich wird diese Regelung künftig nur noch dann zur Anwendung kommen können, wenn der griechische Erblasser durch Rechtswahl gem. Art. 22 EuErbVO die Geltung des ausländischen Aufenthaltsrechts verhindert. Eine Aufhebung im Rahmen des Umsetzungsgesetzes zur EuErbVO ist offenbar nicht erfolgt.
Will ein in Deutschland lebender Grieche, dass sein testamentarischer Erbe von dieser Klausel profitiert, so könnte er zur Klarstellung in das Testament folgende Klausel aufnehmen:
Rz. 235
Muster 26.40: Hinweis auf Wegfall des griechischen Pflichtteils
Muster 26.40: Hinweis auf Wegfall des griechischen Pflichtteils
Ich bin griechischer Staatsangehöriger. Ich unterstelle die Erbfolge nach meinem Tode und die Wirksamkeit dieser Verfügung dem griechischen Erbrecht.
Ich lebe bereits seit dem 1. Februar 1991 ununterbrochen in Deutschland und bin hier ganzjährig berufstätig. Zwischenzeitliche Aufenthalte in Griechenland waren ausschließlich urlaubsbedingt und vorübergehender Natur. Nach Art. 21 des griechischen Gesetzes 1738/1987 stehen meinen Angehörigen daher Pflichtteilsrechte ausschließlich an meinem in Griechenland belegenen Nachlass zu.
Die vorgenannte Wahl griechischen Rechts für die Erbfolge soll nur für den Fall gelten, dass gem. Art. 21 des griechischen Gesetzes 1738/1987 bzw. eine an ihre Stelle getretene Regelung zum Zeitpunkt meines Todes Pflichtteilsrechte ausgeschlossen sind.
3. Testamentserrichtung
Rz. 236
Das griechische Recht kennt drei ordentliche Formen der Testamentserrichtung:
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Das öffentliche Testament wird vor einem Notar im Beisein von drei Zeugen oder unter Mitwirkung eines zweiten Notars im Beisein eines einzigen Zeugen durch mündliche Erklärung errichtet, Art. 1724 ff. ZGB. |
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Das eigenhändige Testament muss vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben... |