1. Internationales Erbrecht
Rz. 243
Für alle nach dem 17.8.2015 eintretenden Erbfälle wird sich das auf die Erbfolge anwendbare Recht aus italienischer Sicht nach den Regeln der EuErbVO richten, Art. 83 EuErbVO.
Für vor dem 16.8.2015 eingetretene Erbfälle bestimmt Art. 46 des Gesetzes über die Reform des Internationalen Privatrechts vom 31.5.1995 (IPRG) das auf die Erbfolge anwendbare Recht wie folgt:
Zitat
Art. 46. (Rechtsnachfolge von Todes wegen)
1. |
Die Erbfolge unterliegt dem Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. |
2. |
Der Erblasser kann durch ausdrückliche Erklärung in testamentarischer Form die gesamte Erbfolge dem Recht des Staates unterstellen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Rechtswahl ist unwirksam, wenn der Erklärende sich im Zeitpunkt seines Todes nicht mehr in diesem Staat aufhielt. Im Fall der Erbfolge nach einem italienischen Staatsangehörigen lässt die Rechtswahl die Rechte unberührt, die das italienische Recht den Pflichtteilsberechtigten des Erblassers, die im Zeitpunkt seines Todes in Italien wohnen gewährt. |
3. |
Die Teilung des Nachlasses ... |
Rz. 244
Gem. Art. 46 Abs. 1 IPRG wird also das auf die Erbfolge anwendbare Recht nach der Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes bestimmt.
Rz. 245
Gem. Art. 46 Abs. 2 ital. IPRG konnte z.B. ein in Deutschland lebender italienischer Erblasser durch ausdrückliche Erklärung in testamentarischer Form die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem deutschen Recht unterstellen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine derartige Rechtswahl wäre aus deutscher Sicht im Wege der Rückverweisung zu beachten und führt dann gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB auch aus deutscher Sicht zur Geltung deutschen Erbrechts. Wurde diese Rechtswahl vor dem 17.8.2015 getroffen, so bleibt sie sogar gem. Art. 83 Abs. 2 EuErbVO nach dem Anwendungsstichtag für die Erbrechtsverordnung weiterhin wirksam. Fraglich ist jedoch, welchen Nutzen die Weitergeltung hat, da gem. Art. 21 EuErbVO das am gewöhnlichen Aufenthalt geltende Recht ohnehin Erbstatut ist und bei Aufgabe des inländischen gewöhnlichen Aufenthalts die Rechtswahl diese nach Art. 46 ital. IPRG ihre Wirksamkeit verliert.
Rz. 246
Muster 26.42: Rechtswahl nach Art. 46 Abs. 2 IPRG
Muster 26.42: Rechtswahl nach Art. 46 Abs. 2 IPRG
Ich bin italienischer Staatsangehöriger. Ich lebe seit dem Jahre 1998 in Deutschland und habe hier meinen Lebensmittelpunkt und gewöhnlichen Aufenthalt. Ich bestimme daher ausdrücklich, dass die Erbfolge nach meinem Tod dem deutschen Recht unterliegen soll.
Das Haager Testamentsformübereinkommen gilt für Italien nicht. Art. 27 EuErbVO gilt für italienische Gerichte daher auch hinsichtlich der Formwirksamkeit einseitiger und gemeinschaftlicher Testamente. Für Erbfälle vor dem 16.8.2018 enthielt Art. 48 IPRG eine vergleichbare Regelung: Nach Art. 48 IPRG ist das Testament formwirksam, wenn es nach dem Recht am Ort der Testamentserrichtung, der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers jeweils im Zeitpunkt der Testamentserrichtung oder seines Todes formgerecht errichtet ist.
2. Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsrecht
Rz. 247
Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge. In zweiter Ordnung erben die Eltern und die Geschwister, wobei die Eltern die Geschwister nicht von der Erbfolge ausschließen, sondern Eltern und Geschwister nebeneinander erben. Der überlebende Ehegatte erhält neben einem Kind eine Erbquoten von ½, neben mehreren Kindern ⅓ und neben ehelichen Aszendenten (Eltern, Großeltern und Urgroßeltern) des Erblassers ⅔ des Nachlasses (Art. 582 S. 1 C.C.). Dazu bekommt er den Nießbrauch an der ehelichen Wohnung. Auch wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft nun im italienischen Recht eine gesetzliche Regelung erhalten hat, so ergeben sich dennoch auf erbrechtlichem Gebiet keinerlei Folgen. Der überlebende nichteheliche Lebensgefährte hat also kein gesetzliches Erbrecht und kein Pflichtteilsrecht.
Rz. 248
Die Höhe der Pflichtteile wird nicht anhand der gesetzlichen Erbquote bestimmt, sondern nach einem eigenen System (Art. 537 ff. C.C). Eine Übersicht ergibt sich aus folgender Aufstellung:
Kinder |
Aszendenten |
Ehegatte |
Noterbquoten |
Freiteil |
1 |
|
– |
alleiniges Kind ½ |
½ |
Mind. 2 |
|
– |
alle Kinder gem. ⅔ |
⅓ |
1 |
|
+ |
Kind ⅓Ehegatte ⅓ + Voraus |
⅓ – Voraus |
Mind. 2 |
|
+ |
Alle Kinder gem. ½Ehegatte ¼ + Voraus |
¼ –Voraus |
– |
– |
+ |
Ehegatte ½ + Voraus |
½ – Voraus |
– |
+ |
+ |
Ehegatte ½ + Voraus Aszendenten insges. ¼ |
¼ – Voraus |
|
+ |
|
Aszendenten insges. ⅓ |
⅔ |
3. Testamentserrichtung
a) Testamentsform
Rz. 249
Ordentliche Testamentsformen sind das notarielle und das eigenhändige Testament.
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Das eigenhändige Testament(testamento olografo) muss der Erblasser vollständig eigenhändig verfassen, mit Datum versehen und unterschreiben. Ein fehlendes Datum hat zwar nicht unmittelbar die Nichtigkeit zur Folge, das Test... |