Rz. 102

Ein erbrechtliches Abenteuer der besonderen Art stellen im grenzüberschreitenden Verhältnis die gleichgeschlechtliche Ehe und die eingetragene Lebenspartnerschaft dar.[61]

Art. 17b Abs. 1 und 4 EGBGB ermöglichen allgemein die Begründung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft durch Ausländer im Inland ohne Rücksicht auf die Anerkennung solcher Rechtsbeziehungen im ausländischen Heimatstaat der Beteiligten.
Problematisch ist auch die Anerkennung im Ausland, wenn für dort belegenes Vermögen Nachlassspaltung eintritt. So ist z.B. auch zweifelhaft, ob bei Geltung kalifornischen Erbrechts eine in Deutschland eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft wie eine gleichgeschlechtliche Ehe kalifornischen Rechts behandelt werden kann.
Die Anerkennung im Ausland formal begründeter Lebenspartnerschaften im Inland ist gem. Art. 17b Abs. 1 EGBGB großzügig. Ein Teil der Literatur hatte als "gleichgeschlechtliche Ehen" eingegangene Verhältnisse aus dem Anwendungsbereich von Art. 17b EGBGB herausgenommen und dem strengen Art. 13 EGBGB unterstellt. Die Rechtsprechung erkannte aber die Qualifikation als "eingetragene Lebenspartnerschaft" i.S.v. Art. 17b EGBGB an.[62] Der Gesetzgeber hat das nun über Art. 17b Abs. 4 S. 1 EGBGB abgesichert. Art. 17b Abs. 1 S. 2 EGBGB, der bislang das gesetzliche Erbrecht des Lebenspartners auch bei ausländischem Erbstatut sicherstellte, ist allerdings durch die Erbrechtsverordnung ersatzlos verdrängt worden.[63]
Besondere Probleme ergeben sich aus einem Umzug in einen EU-Mitgliedstaat, der keine eingetragene Lebenspartnerschaft kennt (z.B. Polen). Dieser wird auf der Basis des aufgrund von Art. 21 EuErbVO anwendbaren nationalen Erbrechts für den überlebenden eingetragenen Lebenspartner kein gesetzliches Erbrecht anerkennen. Eine Klage in Deutschland wird dann wegen Art. 4 EuErbVO an der mangelnden internationalen Zuständigkeit scheitern.
 

Rz. 103

Zur Behebung dieser Unsicherheiten ergeben sich mehrere Möglichkeiten:

Eine im Ausland begründete eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft/gleichgeschlechtliche Ehe kann durch Neuregistrierung im Inland aus deutscher Sicht gem. Art. 17b Abs. 3 EGBGB die Wirksamkeit und Wirkungen nach deutschem Recht erhalten.
Die zweifelhafte Durchsetzbarkeit gesetzlicher Erbansprüche im Ausland und die Probleme mit Art. 17b EGBGB bei der Anwendung im Inland sollten jedenfalls durch eine testamentarische Erbeinsetzung entschärft werden.[64] Die Anerkennungsfähigkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft hat dann nur noch für die Pflichtteilsrechte der Verwandten Bedeutung.
 

Rz. 104

Muster 26.22: Einsetzung des eingetragenen Lebenspartners

 

Muster 26.22: Einsetzung des eingetragenen Lebenspartners

Ich setze hiermit _________________________ zu meinem Erben mit einer Erbquote von einem Drittel ein. Diese Erbeinsetzung soll unabhängig davon Bestand haben, ob die zwischen uns am _________________________ in _________________________ begründete Eingetragene Lebenspartnerschaft/gleichgeschlechtliche Ehe zivilrechtlich anerkannt wird oder nicht. _________________________ soll allerdings alle Rechte an meinem Nachlass an dem Tag verlieren, an dem _________________________ oder ich bei Gericht oder einer anderen hierzu zuständigen Behörde die Aufhebung, Scheidung oder Auflösung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft/gleichgeschlechtlichen Ehe beantragen.

[61] Vgl. z.B. Süß, DNotZ 2001, 168.
[62] OLG München v. 7.2.2011 – 31 Wx 278/10; BFH IPRax 2006, 287; AG Münster IPRax 2011, 269; VG Berlin IPRax 2011, 270 m. Anm. Mankowski/Höffmann; MüKo/Coester, 5. Aufl. 2010, Art. 17b EGBGB Rn 143.
[63] So z.B. Coester, ZEV 2013, 115.
[64] So auch Eule, ZEV 2007, 221 für das Verhältnis Deutschland – Niederlande. Ganz unabhängig davon ist auch schon wegen der erbschaftsteuerlichen Situation des überlebenden Lebenspartners an eine optimierte Nachlassgestaltung zu denken.

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