1. Vorbemerkung
Rz. 129
Der trust ist eine unverzichtbare Rechtsfigur für die Nachlassplanung in England, den USA und allen anderen Staates des anglo-amerikanischen Rechtssystems (Irland, Schottland, Malta, Zypern, Kanada, Südafrika, Australien etc.). Viele Gestaltungsziele lassen sich nur bzw. besonders einfach und effektiv durch den trust erreichen. Für deutsche Erblasser ist der unter Lebenden errichtete trust ein wichtiges Mittel, um die Notwendigkeit eines weiteren Nachlassverfahrens im Ausland zu vermeiden (vgl. hierzu unten USA Rdn 404). Die bisherige Zurückhaltung gegenüber dem Einsatz von trusts in den einschlägigen ausländischen Rechtsordnungen sollte daher abgelegt werden. Das gilt umso mehr, als immer mehr Staaten in Europa die Haager trust-Konvention ratifiziert haben und damit einen nach englischen oder US-amerikanischen Recht begründeten trust anerkennen, auch wenn ihr eigenes Recht den trust nicht vorsieht (z.B. Luxemburg, Niederlande, Schweiz, Italien).
2. Struktur des trust
Rz. 130
Bei einem trust handelt es sich um eine treuhänderische Beziehung, bei der ein Beteiligter (trustor bzw. settlor) Vermögen auf eine zweite Person (trustee) überträgt, die dann nach außen als "formeller Eigentümer" des trust-Vermögens auftritt. Der trustee hält das Vermögen zugunsten der begünstigten Personen (beneficiaries). Diese erhalten Erträge und andere Zuwendungen aus dem trust-Gut nach Maßgabe der in der trust-Urkunde getroffenen Anordnungen des trustor. Anders als bei einem Treuhandverhältnis nach deutschem Recht erhält das trust-Vermögen eine besondere dingliche Verselbstständigung. So fällt es bei Tod des trustee nicht in dessen Nachlass, sondern geht ipso iure auf den Ersatz-trustee über (kein Nachlassverfahren erforderlich). Bei unberechtigten Verfügungen des trustee bleibt die Position der beneficiaries auch dritten Erwerbern gegenüber erhalten.
Rz. 131
Charakteristisch ist die Drei-Personen-Beziehung: Je nach konkreter Ausgestaltung können aber auch weniger Personen beteiligt sein, wenn nämlich zwei oder gar alle drei Positionen vorläufig von derselben Person wahrgenommen werden (vgl. den grantor-trust, unten Rdn 132).
3. Errichtung eines trust unter Lebenden
Rz. 132
Ein trust kann schon zu Lebzeiten des trustor errichtet werden, nämlich durch Vertrag des trustor mit dem trustee (inter vivos trust bzw. living trust). So kann der Errichter z.B. anordnen, dass er bis zu seinem Tode alleiniger Begünstigter (beneficiary) des trust bleibt (grantor trust) und erst nach seinem Ableben dritte Personen in den Genuss des trust gelangen. Diese Dritten kann er bereits in der trust-Urkunde benennen. Der Errichter kann sich aber auch vorbehalten, den trust zu ändern oder zu widerrufen – also z.B. die Person der Begünstigten auszuwechseln oder Vermögen aus dem trust wieder herauszunehmen (revocable trust). So kann er sich z.B. vorbehalten, die beneficiaries durch Testament benennen.
4. Testamentarischer trust
Rz. 133
Wird der trust letztwillig angeordnet, spricht man von einem testamentary trust. In diesem Fall muss der personal representative, also die Person, die mit dem Erbfall die Verfügungsmacht über den Nachlass erlangt (siehe hierzu unten Rdn 157), den Nachlass auf den trustee übertragen bzw. selber als trustee den Nachlass weiter verwalten.
Rz. 134
Mit dem trust lassen sich schwierige erbrechtliche Gestaltungsaufgaben relativ einfach bewältigen. Dies betrifft z.B. die Dauertestamentsvollstreckung:
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Da die Begünstigten nicht Inhaber des trust-Gutes werden, haftet dieses nicht für deren persönliche Verbindlichkeiten. Der trust ermöglicht daher Zuwendungen an überschuldete oder behinderte Personen. |
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Innerhalb einer zumeist auf 30 Jahren fixierten Höchstdauer (rule against perpetuities) können in beliebiger Weise die Begünstigten sich nacheinander abwechseln. Das hat dann den Effekt der Vor- und Nacherbfolge. |
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Bringen Eheleute gemeinsames Vermögen in einen trust ein, so können sie auf diese Weise nicht nur sicherstellen, dass sie bei Ableben des jeweils anderen in den Genuss dieses Vermögens gelangen. Sie können auch effektiv verhindern, dass das Vermögen durch lebzeitige Verfügungen dem anderen bzw. ggf. benannten Schlussberechtigten entzogen wird. So lässt sich die dem common law unbekannte testamentarische Bindung ersetzen. |
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Es kann auch eine unbestimmte Vielzahl von derzeit noch unbenannten Personen begünstigt werden (Studienstipendien, family trusts). Damit lassen sich stiftungsähnliche Funktionen erreichen. |
5. Anerkennung des living trust im Internationalen Privatrecht
Rz. 135
In der deutschen Rechtsprechung und Lehre besteht weitgehende Übereinstimmung darüber, dass die Aufspaltung des Eigentums an den betroffenen Rechtsgütern in die formale Eigentümerstellung oder zumindest Verfügungsposition des trustee und die materielle Berechtigung des beneficiary mit dem deutschen Sachenrecht nicht vereinbar ist. Daher können in Deutschland belegene Sachen wegen der Geltung deutschen Sachenstatuts (Art. 43 EGBGB) und Verstoßes des trust gegen den numerus clausus der Sachenrechte nicht in einen trust eingebracht werden.
Rz. 136
Soweit dagegen in einem common law-Staat belegene S...