Rz. 388
Nach der Rspr. des BAG handelt es sich bei einer solchen allgemeinen Erledigungsklausel üblicherweise um ein selbstständiges Schuldanerkenntnis (negatives konstitutives Schuldanerkenntnis i.S.d. § 397 Abs. 2 BGB), das alle Ansprüche zum Erlöschen bringt, die den Erklärenden bekannt waren oder mit deren Bestehen zu rechnen war (vgl. BAG v. 28.10.2021 – 8 AZR 371/20, juris Rn 31 ff.; BAG v. 21.6.2011 – 9 AZR 203/10, NZA 2011, 1338 = DB 2011, 2663; BAG v. 23.2.2005, NZA 2005, 1193 = DB 2005, 2025; BAG v. 31.7.1996, BB 1996, 2524 = NZA 1997, 167; BAG v. 31.5.1990, DB 1991, 392 = NZA 1990, 935; LAG Hessen v. 25.4.2007 – 6 Sa 32/07, LNR 2007, 39461; a.A. Kroeschel, NZA 2008, 560, 562, wonach Ausgleichsklauseln – ohne das Hinzutreten besonderer Umstände – als deklaratorische Schuldanerkenntnisse auszulegen seien). Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen, die ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen, sind regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen (vgl. BAG v. 27.5.2015 – 5 AZR 137/14). Eine solche Erledigungsklausel kann nicht dahin gehend ausgelegt werden, dass es sich insoweit um eine Bedingung handelt, deren Herbeiführung ins Belieben einer Partei gestellt ist (vgl. LAG München v. 24.4.1997 – 2 Sa 1004/96, BB 1998, 269). Ein deklaratorisches (negatives) Schuldanerkenntnis, dass seine Grundlage in der Vertragsfreiheit (§ 311 Abs. 1 BGB) hat, ist nach der Rspr. des BAG anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen (vgl. BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14; BAG v. 4.8.2015 – 3 AZR 137/13; BAG v. 25.9.2013 – 5 AZR 936/12; BAG v. 19.11.2003 – 10 AZR 174/03, BB 2004, 1280; BAG v. 8.3.2006, NZA 2006, 854 = DB 2006, 1433). Die Parteien gehen dann davon aus, dass keine Ansprüche mehr bestehen. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer mit sämtlichen Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen ist, die ihm bei Abgabe der Erklärung bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete (vgl. BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14; LAG Rheinland-Pfalz v. 21.9.2017 – 5 Sa 61/17). Der Zweck des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses besteht darin, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und es insoweit endgültig festzulegen. Die Angabe des Schuldgrundes in der Vereinbarung spricht entscheidend für das Vorliegen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, durch das eine bereits bestehende Schuld bestätigt werden soll (vgl. BAG v. 21.4.2016 – 8 AZR 474/14; BAG v. 11.12.2015 – V ZR 26/15). Daher führt ein in einer Erledigungs-/Ausgleichsklausel enthaltenes deklaratorisches Schuldanerkenntnis nicht zum Erlöschen von Ansprüchen (vgl. BAG v. 25.9.2013 – 5 AZR 936/12 zur Zulässigkeit einer Entgeltklage unter dem Aspekt des equal pay bei einem Leiharbeitnehmer 1¼ Jahr nach der Ausgleichsklausel). Im Unterschied zum Vergleich geben jedoch nicht beide Parteien gegenseitig nach, sondern der Streit wird durch einseitiges Nachgeben beseitigt (vgl. BAG v. 15.12.1999 10 AZR 881/98, II 1b der Gründe,). Eine Ausgleichsklausel kann auch dann die Qualität eines deklaratorischen negativen Schuldanerkenntnisses, das der Durchsetzung eines Anspruches nicht entgegensteht, besitzen, wenn die Forderung unstreitig besteht (vgl. LAG Hamm v. 7.12.2000 – 16 Sa 1152/00). Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis kann innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB angefochten werden. Hingegen ist von einem Erlassvertrag nach § 397 Abs. 1 BGB auszugehen, wenn beide Parteien davon ausgehen, dass noch eine oder mehrere Forderungen bestehen, die aber erlassen werden sollen (vgl. BAG v. 20.1.1998 – 9 AZR 812/96, DB 1998, 1236). Ein Erlassvertrag setzt inhaltlich den rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf eine Forderung zu verzichten. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzicht auf ein Recht ist nicht zu vermuten (vgl. LAG Hamm v. 7.12.2000 – 16 Sa 1152/00 m.w.N.). Im Zweifel liegt ein Erlass nicht vor. Selbst bei eindeutig erscheinender Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt sind. Wenn feststeht, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben (vgl. BAG v. 7.11.2007 – 5 AZR 880/06, NZA 2008, 355; BAG v. 15.1.2002, DB 2002, 579). Die Rechtsnatur eines Vergleiches nach § 779 BGB ist in einer Ausgleichsklausel enthalten, soweit die Parteien über den Bestand und über die Höhe von Forderungen gestritten haben und der Streit durch gegenseitiges Nachgeben beendet wird. Klauseln in Prozessvergleichen sind i.d.R. nichttypische Erklärungen (vgl. BAG v. 8.3.2006 – 10 AZR 349/05, NZA 200...