Rz. 78
Den Vertragsparteien steht grds. ein weiter Spielraum bei der inhaltlichen Gestaltung der Aufhebungsvereinbarung zur Verfügung (vgl. Muster-Aufhebungsvertrag, Rdn 454). Zu beachten ist, dass einzelne Rechte unabdingbar sind und die Gestaltung sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Auswirkungen hat.
I. Gestaltungsgrenzen/AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB
Rz. 79
Bei Aufhebungsverträgen sind grds. die §§ 305 ff. BGB zu berücksichtigen. Vielfach wird es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handeln. Allerdings ist zunächst sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine AGB-Kontrolle ausscheidet, weil eine Individualvereinbarung vorliegt (vgl. Klumpp, in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 307 Rn 131). Denn aufgrund der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften hat der Arbeitnehmer eine starke Verhandlungsposition, dass eine die Inhaltskontrolle ausschließende Individualvereinbarung vorliegen kann (Ausschluss der Inhaltskontrolle). Es kann auch eine Schranke der Inhaltskontrolle aus § 307 Abs. 3 S. 1 BGB durch eine die Inhaltskontrolle ausschließende Vereinbarung über Hauptleistungen vorliegen. Insofern ist bei der AGB-/Inhalts-Kontrolle von Aufhebungsverträgen besondere Sorgfalt geboten (vgl. Lingemann, in Bauer/Lingemann/Diller/Haußmann, Kap. 23 Rn 27 ff.; Lingemann, NZA 2002, 181, 185 unter Bezug auf BAG v. 14.2.1996 – 2 AZR 234/95, NZA 1996, 811 kein strukturelles Ungleichgewicht bei Aufhebungsverträgen, da der Arbeitnehmer schlicht "nein" sagen kann; vgl. ferner BVerfG v. 23.11.2006 –1 BvR 1909/06, NZA 2007, 85 und BAG v. 25.4.2007, NZA 2007, 853 = 2007, 1757 zu der anderen Situation des bestehenden strukturellen Ungleichgewichtes bei Abschluss von Arbeitsverträgen und Vertragsänderungen).
Rz. 80
Wird der Aufhebungsvertrag nicht zwischen den Parteien ausgehandelt, sondern vom Arbeitgeber vorgegeben, ist die AGB-Kontrolle auch dann zu berücksichtigen, wenn die vorformulierten Aufhebungsvertragsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung des Arbeitgebers auf den Inhalt praktisch keinen Einfluss nehmen konnte. Dies folgt aus der Rspr. des BAG, wonach der Arbeitnehmer als Verbraucher i.S.d. §§ 13, 310 Abs. 3 BGB anzusehen ist (vgl. BAG v. 24.9.2015 – 2 AZR 347/14; BAG v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111 = DB 2005, 2136; Kroeschel, NZA 2008, 560). Der zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geschlossene Aufhebungsvertrag ist ein Verbrauchervertrag (vgl. BAG v. 24.2.2016 – 5 AZR 258/14 m.w.N.). Keine AGB-Kontrolle findet hingegen statt, wenn der Arbeitnehmer bzw. sein Rechtsanwalt den Aufhebungsvertrag formuliert hat (vgl. Kroeschel, NZA 2008, 560, 562 – Vermeidbarkeit der AGB-Kontrolle) oder dieser individuell ausgehandelt wurde.
Rz. 81
Formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlen Vergütung unmittelbar bestimmen, sind aus Gründen der Vertragsfreiheit gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ausgenommen (vgl. BAG v. 7.2.2019 – 6 AZR 75/18, juris Rn 12). Die Beendigung des Vertrages und die Abfindung bleiben kontrollfrei. Die mit der Aufhebungsvereinbarung erzielte Einigung der Vertragsparteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist als Hauptleistung nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei, da diese nicht von gesetzlichen Vorschriften abweicht (vgl. (Klumpp, in Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht, § 307 Rn 132; Henssler/Moll, AGB-Kontrolle, S. 152). Die Beendigungsvereinbarung ist ein selbstständiges Rechtsgeschäft, bei dem die Hauptleistung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Die Beendigung als solche kann daher keiner Angemessenheitsprüfung nach § 307 Abs. 1 BGB unterzogen werden (vgl. BAG v. 8.5.2008 – 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148 = BB 2008, 2020; BAG v. 27.11.2003, NZA 2004, 597 = BB 2004, 1852; BAG v. 22.4.2004 – 2 AZR 281/03, NZA 2004, 1295). Gleiches gilt für eine vereinbarte Abfindung (vgl. Klumpp, in Clemenz/Kreft/Krause, § 307 Rn 132). Außerhalb der nicht kontrollfähigen Hauptleistung ist eine AGB-rechtliche Angemessenheitskontrolle bzgl. der Nebenabreden, wie bspw. der Erledigungs-/Ausgleichsklauseln, möglich (vgl. Kroeschel, NZA 2008, 560/561).
Rz. 82
Praxistipp
Die Aufnahme einer salvatorischen Klausel beugt der etwaigen Unwirksamkeit einzelner Klauseln mit der möglichen Konsequenz der Unwirksamkeit im Zweifel des gesamten Aufhebungsvertrages gem. § 139 BGB vor (vgl. Däubler, AGB im Arbeitsrecht, Einl. Rn 159a; vgl. § 31 des Mustervertrags, Rdn 454).
II. Zeitpunkt/Datum für die rechtliche Beendigung des Anstellungsvertrags
Rz. 83
Die Vertragsparteien sind in der Festlegung des rechtlichen Beendigungszeitpunktes grds. frei. Bei der Wahl des richtigen Zeitpunktes ist eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen.
Rz. 84
Ausgangspunkt ist die jeweils gültige vertragliche, tarifvertragliche oder gesetzliche Kündigungsfrist. Soweit nicht der Arbeitnehmer an einer Verkürzung dieser Frist interessiert ist, weil er möglicherweise eine neue oder interessantere Arbeitsstelle gefunden hat, wird regelmäßig das Interesse des Arbeitnehmers...