Rz. 181
Soweit an mehrere Arbeitnehmer nach einem bestimmten Schlüssel Abfindungen wegen einer betrieblich veranlassten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (vgl. Küttner/Schmidt, Personalbuch 2022, Abfindung, Rn 3). Gleichbehandlung kann allerdings nur verlangt werden, wenn eine vergleichbare Beendigung des Arbeitsverhältnisses angestrebt wird. Davon ist nicht auszugehen, wenn im Rahmen eines Betriebsüberganges nach § 613a BGB von vornherein eine Eigenkündigung und die nachfolgende Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbereitet wurde (vgl. BAG v. 22.1.2009 – 8 AZR 808/07, NZA 2009, 547 = DB 2009, 1248). Bei Sozialplänen ist eine Gruppenbildung mit unterschiedlicher Behandlung nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zweckes erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (vgl. BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 420/06, NZA 2007, 862 = DB 2007, 1817). Ein etwaiger Anspruch auf eine Sozialplanabfindung nach einer für den Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend geltenden Betriebsvereinbarung erlischt nicht aufgrund einer Abgeltungsklausel in einem früher geschlossenen gerichtlichen Vergleich (vgl. BAG v. 25.4.2017 – 1 AZR 714/15, juris).
Rz. 182
Die Betriebsparteien können in Sozialplänen für Arbeitnehmer, die im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf vorzeitige Altersrente haben bzw. vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch nehmen können, die Reduzierung (= geringere Abfindung) oder gar den völligen Ausschluss von Leistungen vorsehen (vgl. BAG v. 11.11.2008 – 1 AZR 475/07, NZA 2009, 210 = DB 2009, 347 m.w.N.). Eine dem Anschein nach neutrale Regelung in einem Sozialplan kann jedoch ältere Arbeitnehmer in besonderer Weise benachteiligen – mittelbare Benachteiligung wegen des Alters –, es sei denn, dass die Ungleichbehandlung nach § 3 Abs. 2 Hs. 2 AGG gerechtfertigt ist (vgl. BAG v. 8.2.2022 – 1 AZR 252/21, juris Rn 12). Eine Regelung in einem Sozialplan, die einen Abfindungshöchstbetrag festlegt, bewirkt regelmäßig keine gegen § 75 Abs. 1 BetrVG verstoßende mittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer, wenn die maximal zu zahlende Abfindung die durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehenden Nachteile substanziell abmildert und die Regelung in der Sache nur eine Begrenzung der durch die Berücksichtigung von Alter und Betriebszugehörigkeit im Rahmen der Abfindungsberechnung bewirkten besonderen Begünstigung dieser Arbeitnehmergruppe darstellt (vgl. BAG v. 7.12.2021 – 1 AZR 562/20, juris Ls.u. Rn 39 und 42). Eine unzulässige Ungleichbehandlung kann in der ungleichen Höhe einer Abfindung bei Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis für verschiedene Gruppen liegen (vgl. BAG v. 18.9.2007 – 9 AZR 788/06, DB 2008, 415 = BB 2008, 395 – doppelt so hohe Abfindung).
Rz. 183
Ist der Arbeitgeber aufgrund eines Sozialplanes verpflichtet, an eine Gruppe von Arbeitnehmern, die durch Aufhebungsverträge ausscheiden, eine Sozialplanabfindung zu zahlen, und vereinbaren die Betriebspartner anschließend einen weiteren Sozialplan mit dem gleichen persönlichen Geltungsbereich und dem Ziel eines weiteren Personalabbaus mit einer höheren Sozialplanabfindung, so findet ebenfalls der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung. Die Differenzierung bei der Höhe der Abfindung kann aufgrund der Situation der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Angebotes des Aufhebungsvertrages sachlich begründet sein (vgl. BAG v. 11.2.1998 – 10 AZR 22/97, NZA 1998, 895; vgl. ferner EuGH v. 14.9.1999, BB 2000, 1354, keine mittelbare Diskriminierung wegen Ausscheidens aufgrund fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen; vgl. auch BAG v. 8.3.1995 – 5 AZR 869/93, NZA 1995, 675; s.a. § 21 Rdn 873 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Zahlung freiwilliger Abfindungen aus Anlass einer Betriebsverlegung).