Rz. 58

Der Arbeitnehmer ist grds. zur persönlichen Teilnahme an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 106 S. 1, 2, § 6 GewO i.V.m. § 613 BGB (vgl. LAG Hamm v. 28.1.2016 – 18 Sa 1140/15). Der Arbeitgeber kann erwarten, dass sich der Arbeitnehmer einem Personalgespräch persönlich stellt und hierbei zumindest passiv mitwirkt. Dies gilt nicht nur für solche Gespräche, bei denen es allein um die technische Abwicklung bestimmter Vorgänge geht, sondern auch um solche Gespräche, bei denen grundsätzliche Fragen des Arbeitsverhältnisses besprochen werden sollen. Der Arbeitgeber ist im Rahmen seines Direktionsrechtes befugt, Ort und Zeit des Gesprächs zu bestimmen (vgl. LAG Hamm v. 23.5.2001 – 14 Sa 497/01, AuA 2002, 91 = MDR 2001, 1361; vgl. ebenso zur Teilnahmepflicht des Arbeitnehmers an einem Mitarbeiterjahresgespräch mit dem Vorgesetzten aufgrund einer Betriebsvereinbarung, LAG Hessen v. 6.2.2012 – 16 Sa 1134/11, ArbRB 2012, 144). Nimmt ein Arbeitnehmer mit seinem auf dem Tisch liegenden Handy heimlich ein zwischen dem Vorgesetzten, Betriebsrat und ihm geführtes Personalgespräch auf, kann dies selbst bei einer langen Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren die fristlose Kündigung rechtfertigen (vgl. LAG Frankfurt a.M. v. 23.8.2017 – 6 Sa 137/17).

 

Rz. 59

Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer indes nur dann anweisen, zu einem Personalgespräch in den Betrieb zukommen, wenn hierfür ein dringender betrieblicher Anlass besteht, der einen Aufschub der Weisung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit nicht gestattet, und die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Weisung im Rahmen der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen und kollektivrechtlichen Grenzen erfolgt ist, trägt der Arbeitgeber (vgl. BAG v. 2.11.2016 – 10 AZR 596/15; LAG Nürnberg v. 1.9.2015 – 7 Sa 592/14; vgl. ferner Hoffmann-Remy, NZA 2017,159). Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, auf Weisung des Arbeitgebers an einem Personalgespräch teilzunehmen, in dem es ausschließlich um Verhandlungen über vom Arbeitgeber gewünschte Änderungen des Arbeitsvertrages gehen soll (vgl. BAG v. 23.6.2009 – 2 AZR 606/08 Kürzung des 13. Gehalts). Das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO betrifft nur die Konkretisierung der Arbeitspflicht, nicht aber den Inhalt des Arbeitsvertrages. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung, die er wegen der Nichtteilnahme an einem solchen Personalgespräch ausgesprochen hat, aus der Personalakte entfernt (vgl. BAG v. 23.6.2009, ArbuR 2009, 267; ebenso die Vorinstanz, LAG Nds. v. 3.6.2008, DB 2008, 2084).

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