Rz. 108
Gemäß Art. 1 EuGüVO hat die Verordnung im Wesentlichen den ehelichen Güterstand zum Regelungsumfang. Nach Art. 3 Abs. 1a EuGüVO fallen darunter "sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder der Auflösung der Ehe gelten", darüber hinaus jede Form von Vereinbarung über den ehelichen Güterstand zwischen Ehegatten oder künftigen Ehegatten, mit der sie ihren ehelichen Güterstand regeln. Davon mit umfasst ist die Möglichkeit einer Rechtswahl der Ehegatten gem. Art. 22 EuGüVO. Des Weiteren findet diese Verordnung auch Anwendung auf gerichtliche Entscheidungen den Güterstand betreffend. Die entsprechende Regelung findet sich in Art. 3 Abs. 1d EuGüVO.
Rz. 109
Der Güterstand bestimmt sich ab dem 29.1.2019, sofern die Eheleute keine Rechtswahl auf ihren ehelichen Güterstand anzuwendendes Recht durch Vereinbarung i.S.v. Art. 22 EuGüVO treffen, gem. Art. 26 Abs. 1a EuGüVO nach dem Recht des Staates, in welchem die Ehegatten ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt nach ihrer Eheschließung hatten. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes ist autonom auszulegen. Unklar ist die Länge des Zeitraums, auf welche bei der Annahme des gewöhnlichen Aufenthaltes abzustellen ist. Teilweise werden mindestens drei Monate vorgeschlagen. Fehlt es an einem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, so bestimmt sich der Güterstand gem. Art. 26 Abs. 1b EuGüVO nach der Staatsangehörigkeit der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung. Sollte auch hierüber keine Bestimmbarkeit möglich sein, so bestimmt sich der Güterstand gem. Art. 26 Abs. 1c EuGüVO anhand des Rechts, welchem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung am engsten verbunden waren. Damit enthält auch die EuGüVO eine Anknüpfungsleiter.
Rz. 110
Gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB unterliegen Rechte an einer Sache dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet. Dies bedeutet, dass der Übergang von Rechten an Sachen sich grundsätzlich nach dem Sachstatut des jeweiligen Landes (Belegenheitsrecht der Sache) vollzieht. Das Erbstatut kann also dingliche Rechte nur übertragen, soweit es das vorrangige Belegenheitsrecht der Sache erlaubt. Führt dies in der Praxis zu unvereinbaren Ergebnissen, so ist eine Anpassung erforderlich.
Rz. 111
Beispiele für das Erfordernis einer Umdeutung sind:
a) Vindikationslegat
Vindikationslegate finden sich beispielsweise häufig in Testamenten spanischer oder italienischer Erblasser. Die dabei angeordneten Vermächtnisse wirken unmittelbar dinglich, was bedeutet, dass die Begründung des Anspruchs bereits zum Übergang des Eigentums führt, ohne dass es einer Annahme des Vermächtnisses durch den Vermächtnisnehmer bedarf. Dabei wird der vermächtnisweise zugewandte Gegenstand aus dem Nachlass herausgelöst und dem Vermächtnisnehmer zugewandt (Singularsukzession). Unmittelbar dinglich wirkende Vermächtnisse konnten nach bisheriger Rechtsmeinung im Inland jedoch keine dingliche Wirkung entfalten und sollten daher im Inland im Wege der Anpassung umgedeutet werden und nur schuldrechtliche Wirkung haben. Aufgrund der Kubicka-Entscheidung des EuGH im Urt. v. 12.10.2017 – C-218/16 ist es diesbezüglich zu einem Paradigmenwechsel gekommen. Denn der EuGH hat die Nichtumsetzung eines solchen testamentarisch angeordneten Vindikationslegates in Rechtsordnungen, welche das Vindikationslegat nicht kennen, nur aufgrund von Formfragen für unzulässig erklärt. Für eine Umdeutung nach Art. 31 EuErbVO verbleibt damit in Zukunft wohl kein Raum mehr, da sich der Eigentumsübergang bei Vindikationslegaten außerhalb des Grundbuchs vollzieht. Dabei betont der EuGH in seiner Entscheidung jedoch, den numerus clausus der nationalen Sachenrechte nicht anzufassen. Der EuGH begründet dies mit der Auffassung, dass das Vindikationslegat nicht dem Sachstatut zuzuordnen sei, sondern dem Erbstatut.
Rz. 112
b) dingliche Teilungsanordnungen
Ebenso wie bei Vermächtnissen, welche unmittelbar dingliche Wirkung entfalten, ist es in anderen Rechtsordnungen wie zum Beispiel in Frankreich möglich, die Aufteilung des Vermögens (Teilungsanordnungen – testaments partages) mit unmittelbarer dinglicher Wirkung anzuordnen. Auch diesbezüglich ging man in der Vergangenheit davon aus, dass sich die Teilungsanordnung in einen schuldrechtlichen Anspruch wandele bzw. der Anspruch umzudeuten sei. Die Bundesregierung nahm auch nach Einführung der EuErbVO weiterhin an, dass sich das inländische Sachstatut gegen ein ausländisches Erbstatut durchsetzt.
Rz. 113
c) gesetzlicher Nießbrauch
Der gesetzlich angeordnete Nießbrauch findet sich oftmals noch als gesetzliches Erbrecht für Ehegatten, zum Beispiel in Frankreich, Spanien oder Belgien. Ein solches gesetzliches Nießbrauchsrecht war in der Vergangenheit mit inländischem Sachenrecht unvereinbar. Die Umdeutung erfolgte hier zugunsten eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Bestellung eines Nießbrauchs. In dieser Frage ist jedoch ein Wandel zug...