Rz. 35
Nach Einführung der EuErbVO ist die Zulässigkeit sowie materielle Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung nunmehr in Art. 24 EuErbVO geregelt. Dabei ist zu beachten, dass Art. 24 EuErbVO explizit den Erbvertrag ausnimmt, welcher in Art. 25 EuErbVO geregelt ist. Danach bestimmt sich die Zulässigkeit und Wirksamkeit eines Testaments, also die objektive Anknüpfung, an den Ort, an welchem es errichtet wurde (Errichtungsstatut – hypothetisches Erbstatut). Über Art. 24 Abs. 2 EuErbVO wird dem Testator gestattet, eine Rechtswahl zugunsten des Rechts seines Heimatlandes vorzunehmen. Zu den Einzelheiten der Rechtswahl und dessen Möglichkeiten siehe Rdn 22. Nicht zulässig, auch nicht hilfsweise, ist eine Anknüpfung nach dem Erbstatut, also zum Beispiel in Fällen, in welchen ein Testament nach dem Errichtungsstatut unzulässig oder materiell unwirksam wäre.
a) Gemeinschaftliches Testament
Rz. 36
Ob im gesamteuropäischen Kontext, also nicht nur aus rein deutscher Sicht und der Sicht der deutschen Stimmen in Literatur und Rechtsprechung, ein gemeinschaftliches Testament, welches eine Bindungswirkung beinhaltet, unter Art. 24 oder 25 EuErbVO zu subsumieren ist und ob diese Bindungswirkung als Sonderanknüpfung nach Art. 24 Abs. 1 oder Abs. 2 EuErbVO Berücksichtigung findet, ist nicht geklärt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Einordnung gemeinschaftlicher Testamente ist heftig umstritten. Jedenfalls findet die Bindungswirkung als Gestaltungsinstrument im gesamteuropäischen Kontext bestenfalls im Erbvertrag nach Art. 25 EuErbVO statt. Auch stellt sich der Unionsgesetzgeber die Frage von Bindungswirkungen außerhalb des Erbvertrages überhaupt nicht (vgl. Erwägungsgründe 49, 50). Es kann in diesem Zusammenhang nur immer wieder wiederholt werden, dass die Mehrzahl der südeuropäischen Juristen ein gemeinschaftliches Testament immer noch unter einen ordre public-Verstoß subsumieren. In der EuErbVO jedenfalls findet sich keine Spezialregelung zum gemeinschaftlichen Testament. Vielmehr taucht der Begriff des gemeinschaftlichen Testaments nach der Definition in Art. 3 Abs. 1c EuErbVO überhaupt nicht mehr auf.
Rz. 37
Für die Praxis bedeutet dies letztlich, dass das gemeinschaftliche Testament, abgefasst im Berliner Modell, bei grenzüberschreitenden Fragestellungen nach wie vor nicht das Mittel der Wahl darstellen sollte. Der Erbvertrag hingehen ist nunmehr in der EuErbVO gesamteuropäisch kodifiziert worden, sodass er (nur) in Rechtsordnungen, welche den Erbvertrag als Form eines letztwilligen Vertrages kennen, durchaus auch in grenzüberschreitenden Fragestellungen als Gestaltungsinstrument verwandt werden kann.
b) Exkurs: Haager Testamentsformabkommen
Rz. 38
Das Haager Testamentsformabkommen gilt auch nach Einführung der EuErbVO unverändert fort. Die Regelungen des Haager Testamentsformabkommens gehen den Regelungen des Art. 27 EuErbVO gem. Art. 75 Abs. 1 EuErbVO vor. Einzige Ausnahme ist die Anknüpfung der Form von schriftlichen Erbverträgen. Diese erfolgt stets nach Art. 27 EuErbVO, welcher jedoch weitestgehend identisch mit den Regelungen des Haager Testamentsformabkommens ist. Zu beachten ist, dass das Haager Testamentsformabkommen allseitig gilt, also zum einen mit den Vertragsstaaten der Verordnung 650/2012, als auch zum anderen mit Nichtvertragsstaaten.