Rz. 36

Da Fehler bei der gesamten Tätigkeit des Nachlasspflegers vorkommen können, kann hier keine komplette Darstellung möglicher Fehlerquellen erfolgen. Beispielhaft sei auf folgende "sieben Todsünden" des Nachlasspflegers kurz hingewiesen.

I. Fehlender Versicherungsschutz

1. Immobilien im Nachlass

 

Rz. 37

Gehört zum Nachlass eine Immobilie, muss der Nachlasspfleger den bestehenden Versicherungsschutz prüfen und wie ein Zwangsverwalter nach § 9 Abs. 3 ZwVwV für einen ausreichenden Versicherungsschutz sorgen, da im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung das versicherte Interesse fortbesteht. Zu den notwendigen Risikoversicherungen zählen die Wohngebäude-, die Grundeigentümerhaftpflicht- und die Gewässerschadenhaftpflichtversicherung bei einem Öltank. Wird in der Immobilie werthaltiger Hausrat für längere Zeit belassen, sollte auch durch eine Hausratversicherung vorgesorgt werden (vgl. ausführlich § 3 Rdn 133 ff., 287 ff., 305 ff.).

 

Rz. 38

Gefahrerhöhungen sind der Versicherung nach § 23 VVG anzuzeigen (vgl. ausführlich § 3 Rdn 133).

 

Rz. 39

Der Nachlasspfleger darf keine versicherungsrechtlichen Obliegenheiten nach § 28 VVG und den Versicherungsbedingungen verletzen. Dies gilt insbesondere bei der Beheizung einer Nachlassimmobilie und der gegensätzlichen Obliegenheit Wasserleitungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten (vgl. ausführlich § 3 Rdn 135 ff.).

2. Anzeigeobliegenheit bei Veräußerung, § 97 VVG

 

Rz. 40

Veräußerer und Erwerber eines Gebäudes müssen der Versicherung die Veräußerung unverzüglich anzeigen, § 97 Abs. 1 S. 1 VVG. Ist die Anzeige unterblieben, ist der Versicherer nach § 97 Abs. 1 S. 2 VVG im Schadensfall leistungsfrei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen (vgl. ausführlich § 3 Rdn 145 ff.).

3. Kfz im Nachlass

 

Rz. 41

Gehört zum Nachlass ein Kraftfahrzeug, sollte sich der Nachlasspfleger vor einer Inbetriebnahme vergewissern, dass zumindest eine Kfz-Haftpflichtversicherung besteht, bei der kein Prämienrückstand mit der ersten Prämie oder ein Zahlungsverzug mit einer Folgeprämie vorliegt. Andernfalls kann sich der Versicherer im Versicherungsfall auf seine Leistungsfreiheit nach § 37 Abs. 2 VVG bzw. § 38 Abs. 2 VVG berufen. Weiterhin ist zu klären, ob der zulässige Fahrzeugnutzer auf den Erblasser beschränkt war oder ob auch Dritte mit dem Fahrzeug fahren durften. War der Nutzerkreis auf den Erblasser beschränkt und kommt es bei der Sicherstellungsfahrt des Nachlasspflegers oder eines bauftragten Dritten zu einem Unfall, werden Haftpflichtschäden zwar voll gedeckt. Allerdings kann je nach Versicherungsbedingungen eine rückwirkende Beitragserhöhung erfolgen, unter Umständen kann sogar einer Vertragsstrafe erhoben werden oder es droht die Nichtregulierung von Kaskoschäden (vgl. ausführlich § 3 Rdn 392 ff.).

II. Nichterfüllung von Verkehrssicherungspflichten

 

Rz. 42

Der Nachlasspfleger hat als Vertreter der unbekannten Erben dafür zu sorgen, dass bestehende Verkehrssicherungspflichten erfüllt werden. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.[34]

Der Nachlasspfleger hat daher insbesondere die im Nachlass vorhandenen Immobilien darauf zu prüfen, ob von ihnen die Gefahr von Schäden für Dritte ausgeht. (vgl. ausführlich § 3 Rdn 321 ff.).

 

Rz. 43

Die schuldhafte Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch den Nachlasspfleger kann zu Schadensersatzansprüchen von Mietern oder Dritten aus unerlaubter Handlung gemäß §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 831, 836, 838 BGB gegen den Nachlass führen, wobei die Besonderheit besteht, dass die Schadensersatzpflicht im deliktischen Bereich nach § 253 Abs. 2 BGB auch ein Schmerzensgeld umfasst. Mieter können sich zusätzlich auf eine Verletzung der Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis berufen, ggf. auch mit Schutzwirkung zugunsten dritter Besucher. Auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Nachlasspflegers wegen fahrlässiger Körpterverletzung oder sogar fahrlässiger Tötung kann aus der Vernachlässigung von Verkehrssicherungspflichten resultieren.

[34] Geigel/Wellner, Haftpflichtprozess, Kap 14 Rn 28.

III. Verspätete Kündigung des Mietverhältnisses

 

Rz. 44

Der Nachlasspfleger hat die Mietwohnung im Regelfall schnellstmöglich wirksam zu kündigen, um das Auflaufen weiterer Mieten zu verhindern, sofern keine Personen im Sinne des § 563 BGB in das Mietverhältnis eintreten oder es mit ihnen nach § 563a BGB fortgesetzt wird.

 

Rz. 45

Eine Sonderkündigungsmöglichkeit besteht nur binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat ab Kenntnis vom Tod des Mieters und Kenntnis davon, dass ein Eintritt in das Mietverhältnis oder dessen Fortsetzung nach den zuvor genannten Vorschriften nicht erfolgt ist. Die Kündigungsfrist ist dann die um drei Werktage verkürzte 3-Monatsfrist, §§ 564 S. 2, 573d Abs. 2 BGB.

 

Rz. 46

Wird der Nachlasspfleger daher am letzten Tag eines Monats bestellt, muss er dafür Sorge tragen, dass die Kündigung der Mietwohnung bis zum 3. Werktag des Folgemonats noch erfolgt. Dies notfalls auch durch eine Botenzustellung a...

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