Rz. 265
Nachdem die Vorbereitungsphase abgeschlossen ist, beginnt das eigentliche Angebotsverfahren mit der Veröffentlichung des Bieters nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG. Mit dieser Veröffentlichung gibt der Bieter seine Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bekannt. Die Veröffentlichung hat unverzüglich zu erfolgen, nachdem sich der Bieter zur Abgabe des Angebots entschieden hat. Im Anschluss an die Veröffentlichung ist der Vorstand der Zielgesellschaft nach § 10 Abs. 5 Satz 1 WpÜG schriftlich zu unterrichten. Außerdem hat der Bieter gem. § 10 Abs. 5 Satz 3 WpÜG seine Arbeitnehmer zu informieren.
Rz. 266
Die Vorschrift ist der gesetzlichen Ad-hoc-Publizität nachgebildet und soll wie diese dazu beitragen, dass die Öffentlichkeit frühzeitig über marktrelevante Daten informiert wird, um damit die Verwendung von Sonderwissen zu verhindern und so verbotenen Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 14 MMVO) vorzubeugen. Sie dient damit der Transparenz und der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte.
Hinweis
Für die Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG besteht inhaltlich nur die Vorgabe, dass die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bekannt zu geben ist. Der Bieter ist daher nicht verpflichtet, bereits den konkreten Inhalt des Angebots, insb. die Art und die Höhe der Gegenleistung in die Veröffentlichung aufzunehmen. In der Praxis ist es jedoch üblich, neben der Entscheidung zusätzlich die Art der Gegenleistung und den Angebotspreis oder zumindest eine Preisspanne zu nennen, um Spekulationen über einen möglichen Angebotspreis von vornherein zu verhindern.
Nicht möglich ist es, eine bedingte Entscheidung zu veröffentlichen. Solange die Entscheidung von weiteren Umständen abhängt, ist sie nicht getroffen. In der Veröffentlichung kann lediglich mitgeteilt werden, dass das Angebot unter einer Bedingung stehen wird.
Rz. 267
Wie sich aus § 10 Abs. 6 WpÜG ergibt, enthält § 10 WpÜG ggü. der Ad-hoc-Mitteilungspflicht nach Art. 17 MMVO eine abschließende Sonderregelung.
Rz. 268
Allerdings kann sich im Einzelfall die Frage stellen, ob ein börsennotierter Bieter neben der Veröffentlichung der Übernahmeabsicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG zusätzlich eine Ad-hoc-Mitteilung nach Art. 17 Abs. 1 MMVO veröffentlichen muss. Eine solche parallele Ad-hoc-Mitteilung kann etwa dann erforderlich sein, wenn der Bieter neben einem Übernahmeangebot weitere Maßnahmen plant, die – wie z.B. eine im Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot geplante Verschmelzung der Zielgesellschaft auf den Bieter – für sich genommen die Qualität einer Insiderinformation haben. Eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht kann auch dann bestehen, wenn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Eckpunkte des Angebots noch nicht feststehen. In diesem Fall bleibt ein börsennotierter Bieter verpflichtet, diese nachträglich im Wege einer Ad-hoc-Mitteilung zu publizieren, wenn sie die Qualität einer Insiderinformation i.S.d. Art. 7 MMVO – allerdings bezogen auf die Aktien bzw. sonstigen Finanzinstrumente des Bieters – haben.
Hinweis
Unterliegen der Bieter und die mit ihm gemeinsam handelnden Personen i.S.d. § 2 Abs. 5 WpÜG selbst nicht der Ad-hoc-Mitteilungspflicht, besteht das vorstehend dargestellte Konkurrenzproblem bei der Abgabe eines Angebots nicht. In einem solchen Fall stellt sich lediglich die Frage nach einer evtl. bestehenden Ad-hoc-Mitteilungspflicht der Zielgesellschaft (s. hierzu o. Rdn 76 und Rdn 91). Die Frage einer etwaigen Ad-hoc-Publizitätspflicht der Zielgesellschaft selbst richtet sich im Grundsatz allein nach Art. 17 MMVO (vgl. hierzu a. Rdn 70 ff.).