Rz. 336
Ein entscheidender Unterschied zwischen einem Erwerbsangebot und einem Übernahmeangebot ist, dass das Gesetz hinsichtlich der Art und Höhe der Gegenleistung konkrete Vorgaben macht, von denen zum Nachteil der Aktionäre nicht abgewichen werden darf.
a) Grundsatz der Angemessenheit
Rz. 337
Nach § 31 Abs. 1 WpÜG hat der Bieter den Aktionären der Zielgesellschaft eine angemessene Gegenleistung anzubieten. Dabei sind der durchschnittliche Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft und Erwerbe von Aktien der Zielgesellschaft durch den Bieter zu berücksichtigen. Die Gegenleistung muss in einer Geldleistung in EUR oder in liquiden Aktien bestehen, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 31 Abs. 2 WpÜG). Sofern sich das Angebot an Inhaber stimmberechtigter Aktien richtet, müssen die angebotenen Aktien ebenfalls ein Stimmrecht gewähren. Der Bieter hat also ein Wahlrecht, ob er eine Geldleistung, liquide Aktien oder eine Kombination aus beidem anbietet.
Rz. 338
Diese allgemein gehaltenen gesetzlichen Vorgaben werden durch die §§ 3–7 WpÜG-AngebotsVO konkretisiert. Im Wesentlichen gilt Folgendes:
▪ |
Die Gegenleistung für Aktien der Zielgesellschaft muss mindestens dem Wert der höchsten vom Bieter, einer mit ihm gemeinsam handelnden Person oder deren Tochterunternehmen gewährten oder vereinbarten Gegenleistung für den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft innerhalb der letzten 6 Monate vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach § 14 Abs. 1 Satz 2 WpÜG entsprechen. Dem Erwerb gleichgestellt sind Vereinbarungen, aufgrund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann (§ 4 WpÜG-AngebotsVO). Etwaige Paketzuschläge, die im Vorfeld des Angebots zum Aufbau einer Beteiligung an der Zielgesellschaft gewährt oder vereinbart werden, kommen daher sämtlichen Aktionären der Zielgesellschaft zugute. |
▪ |
Sind die Aktien der Zielgesellschaft zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen, muss die Gegenleistung mindestens dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurs dieser Aktien innerhalb der letzten 3 Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG entsprechen (§ 5 Abs. 1 WpÜG-AngebotsVO). HinweisSofern ein Bieter nach § 10 WpÜG die Absicht, ein Übernahmeangebot abzugeben, oder nach § 35 WpÜG die Kontrollerlangung veröffentlicht hat, kann er den Mindestpreis schriftlich bei der BaFin unter der Fax-Nr. 0228 4108 3112 erfragen. |
▪ |
Ausnahmsweise ist die Höhe der Gegenleistung anhand einer Bewertung der Zielgesellschaft zu ermitteln, wenn der Börsenkurs nicht aussagekräftig ist. Dies ist der Fall, wenn innerhalb der letzten 3 Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WpÜG an weniger als einem Drittel der Börsentage Börsenkurse festgestellt worden sind und zusätzlich mehrere nacheinander festgestellte Börsenkurse um mehr als 5 % voneinander abweichen (§ 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO). |
▪ |
Besteht die vom Bieter angebotene Gegenleistung in Aktien, ist für die Bestimmung des Werts der angebotenen Aktien § 5 WpÜG-AngebotsVO entsprechend anzuwenden (§ 7 WpÜG-AngebotsVO). |
Rz. 339
Hinweis
Die Höhe der Gegenleistung für Aktien, die nicht derselben Gattung angehören, ist getrennt zu ermitteln (§ 3 Satz 3 WpÜG-AngebotsVO). Es ist daher z.B. zulässig, Stammaktionären der Zielgesellschaft eine wesentlich höhere Gegenleistung anzubieten als Vorzugsaktionären, sofern die gesetzlichen Mindestpreise für jede Aktiengattung eingehalten werden.
b) Obligatorische Geldleistung
Rz. 340
In bestimmten Fällen ist der Bieter jedoch verpflichtet, (auch) eine Geldleistung in EUR anzubieten.
Demgemäß sieht § 31 Abs. 3 WpÜG vor, dass der Bieter zwingend (auch) eine Geldleistung anbieten muss, wenn er, mit ihm gemeinsam handelnde Personen oder deren Tochterunternehmen in den 6 Monaten vor der Ver...