Rz. 14
Der Begriff der Insiderinformation ist in Art. 7 MMVO legaldefiniert. Art. 7 Abs. 1 lit. a) MMVO definiert als Insiderinformation eine
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präzise, |
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nicht öffentlich bekannte Information, |
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die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und |
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bei ihrem öffentlichen Bekanntwerden geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen. |
Die Insiderinformation ist der zentrale Anknüpfungspunkt des Insiderrechts. Liegt keine Insiderinformation vor, findet das komplette Insiderrecht keine Anwendung. Genau dieser Punkt wird regelmäßig kritisiert, führt er doch zu erheblichen Problemen bei der Ad-hoc-Publizität.
Die Insiderverbote, die Ad hoc-Publizität und die Pflicht zur Führung von Insiderlisten setzen das Vorliegen einer Insiderinformation voraus. Dies gilt nicht für die verbotene Marktmanipulation.
Hinweis
Nach Erwägungsgrund 28 MMVO sollten Analysen und Bewertungen, die aufgrund öffentlich verfügbarer Angaben erstellt wurden, nicht als Insiderinformationen angesehen werden. Wird jedoch die Veröffentlichung oder Verbreitung der Informationen vom Markt routinemäßig erwartet und trägt diese Veröffentlichung und Verbreitung zur Preisbildung von Finanzinstrumenten bei oder enthält sie Ansichten eines anerkannten Marktkommentators oder einer Institution, die die Preise verbundener Finanzinstrumente beeinflussen können, so können diese Informationen Insiderinformationen darstellen. Offen ist derzeit weiterhin, ob damit eine Abkehr der früher in § 13 Abs. 2 WpHG a.F. vorgesehenen Ausnahme für Insiderinformationen erfolgt ist.
a) Präzise Information
Rz. 15
Eine Information ist nach Art. 7 Abs. 1 lit. a), Abs. 2, 3 MMVO präzise, wenn damit eine Reihe von Umständen gemeint ist, die bereits gegeben sind oder bei denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie in Zukunft gegeben sein werden. Damit wird deutlich, dass bereits existierende Umstände und auch erst zukünftige Umstände als solche eine Insiderinformation sein können.
Rz. 16
Bereits in dem Geltl-Urteil des EuGH wurde festgestellt, dass auch Zwischenschritte eine Insiderinformation sein können: Denn wegen der Signalwirkung bloßer Vorbereitungshandlungen für ein Ausscheiden des Vorstandsvorsitzenden im Hinblick auf eine eventuelle Änderung der Geschäftspolitik des Emittenten kann auch Zwischenschritten ggf. – unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit des Endereignisses – eine eigenständige Kursrelevanz zukommen.
Rz. 17
Art. 7 Abs. 2 Satz 2 MMVO bestimmt, dass im Fall eines zeitlich gestreckten Vorgangs, der zu einem bestimmten Ergebnis führt bzw. führen soll, auch die Zwischenschritte in diesem Vorgang eine präzise Information sein können. Art. 7 Abs. 3 MMVO besagt weiter, dass ein sog. Zwischenschritt in einem gestreckten Vorgang eine Insiderinformation sein kann, wenn er für sich genommen die Kriterien der Insiderinformation erfüllt. Dazu muss der als Zwischenschritt im Verhältnis zum ihm vorangegangenen neu ergebende Informationsgegenstand für sich allein genommen zu einer nochmaligen erheblichen Kursbewegung führen können. In diesem Kontext führt Erwägungsgrund 19 MMVO aus, dass alle Schritte eines Vorgangs wie auch der gesamte Vorgang an sich eine Insiderinformation sein können.
Rz. 18
Im Rahmen der Prüfung, ob eine präzise Information vorliegt, ist bei sog. gestreckten Vorgängen zwischen bereits eingetretenen und künftigen Ereignissen zu unterscheiden. Dies führt zu der Notwendigkeit, zunächst den jeweils bereits eingetretenen Umstand dahingehend zu überprüfen, ob er für sich genommen die Kriterien der Insiderinformation erfüllt. Beispielhaft seien hier das Rücktrittsangebot eines Vorstandsvorsitzenden, die Durchführung einer Due Diligence im Rahmen einer M&A-Transaktion oder das Bekanntwerden von Finanzdaten genannt.
Zusätzlich sind auch alle zukünftigen Zwischenschritte einer solchen Prüfung zu unterziehen. Gleiches gilt für das künftige Endereignis. Ein solches zukünftiges Ereignis ist dann als präzise anzusehen, wenn der Eintritt dieses Ereignisses vernünftigerweise erwartet werden kann. Nach Erwägungsgrund 16 MMVO ist dies anzunehmen, wenn anhand der vorhandenen Faktoren zum relevanten Zeitpunkt eine realistische Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Ereignis eintritt.
Informationen, aus denen kein Schluss hinsichtlich ihrer möglichen Auswirkungen auf den Kurs des Finanzinstruments gezogen werden kann, wie etwa unverbindliche Gedankenspiele eines Vorstands über mögliches Wachstumspotenzial oder Meinungen, die keine verlässliche Grundlage erkennen lassen, gelten hingegen als unspezifisch.
Rz. 19
Bei der Beurteilung von Zwischenschritten ist laut BaFin grds. zwischen solchen Zwischenschritten, die ihre Qualität als Insiderinformation aus sich heraus beziehen, und solchen Zwischensch...