a) Insiderhandelsverbot
Rz. 32
Nach Art. 14 MMVO sind Insidergeschäfte verboten, d.h. das Tätigen von Insidergeschäften und der Versuch hierzu (lit. a), Dritten zu empfehlen, Insidergeschäfte zu tätigen, oder Dritte dazu zu verleiten, Insidergeschäfte zu tätigen (lit. b) und die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen (lit. c).
Rz. 33
Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 MMVO liegt ein Insidergeschäft vor, wenn eine Person, die über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung dieser Information Finanzinstrumente, auf die sich diese Insiderinformation bezieht, für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt erwirbt oder veräußert. Mittels der Einbeziehung von indirekten Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorgängen erfolgt eine erweiterte Art der Zurechnung. Die Einschaltung von Mittelsmännern, z.B. in Form von Treuhändern eines Familien-Trusts oder eines Vermögensverwalters ist ebenso wie jede Form der Veranlassung oder Einflussnahme auf Dritte, von denen der Insider profitiert, erfasst. Erwerb und Veräußerung beziehen sich dabei auf das schuldrechtliche Geschäft. Ausgenommen ist ein gesetzlicher Erwerb, etwa in Form einer Erbschaft.
Rz. 34
Verboten sind neben dem Erwerb und der Veräußerung ausdrücklich gem. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 MMVO auch die Stornierung oder Änderung eines Auftrags, wenn der Auftrag vor Erlangen der Insiderinformation erteilt wurde. Stornierung meint die vollständige Streichung einer Order, Änderung jede andere Modifizierung der Order. Entscheidend ist, dass die jeweilige Person im Zeitpunkt der Stornierung oder Änderung des Auftrags Kenntnis von einer Insiderinformation hat.
Rz. 35
Nach Art. 8 Abs. 2 MMVO liegt eine Empfehlung zum Tätigen von Insidergeschäften oder die Verleitung Dritter hierzu vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und entweder auf der Grundlage dieser Informationen Dritten empfiehlt, Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, zu erwerben oder zu veräußern, oder sie dazu verleitet, einen solchen Erwerb oder eine solche Veräußerung vorzunehmen, oder auf der Grundlage dieser Informationen Dritten empfiehlt, einen Auftrag, der ein Finanzinstrument betrifft, auf das sich die Insiderinformationen beziehen, zu stornieren oder zu ändern, oder sie dazu verleitet, eine solche Stornierung oder Änderung vorzunehmen. Zum Erwerb oder zur Veräußerung verleitet, wer den Willen des anderen durch beliebige Mittel beeinflusst. Der Verbotstatbestand ist bereits erfüllt, wenn der Insider einem Dritten den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten indirekt nahelegt. Nicht erforderlich ist, dass dabei die Insiderinformation offengelegt wird. Da ein Verleiten auch durch eine Empfehlung erfolgen kann, ist die Empfehlung ein spezieller Unterfall des Verleitens als Mittel der Willensbeeinflussung. Dogmatisch handelt es sich bei der Alternative des Verleitens um einen gesetzlich besonders geregelten Fall einer mittelbaren Täterschaft.
Rz. 36
Erforderlich ist neben der Tätigung des Geschäfts auch die Nutzung der Insiderinformation. Allerdings wird vermutet, dass derjenige, der im Besitz einer Insiderinformation ist, diese auch nutzt. Der Insider kann die Vermutung jedoch nach Erwägungsgrund 25 MMVO widerlegen, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Insiderinformationen bei der Abwicklung des Geschäfts nicht genutzt wurde. An der Verwendung einer Insiderinformation fehlt es auch dann, wenn eine Person ihren – ohne Verwendung einer Insiderinformation zustande gekommenen – Entschluss, eine bestimmte Transaktion durchzuführen, verwirklicht. Nach Auffassung der BaFin scheidet ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot bei sog. face-to-face-Geschäften aus, bei denen Verkäufer und Käufer gleichermaßen Kenntnis von den Insiderinformationen haben. Auch die Masterplan-Theorie soll weiterhin gelten, wenn der Erwerber das bereits vor Durchführung der Prüfung geplante Paket und nicht über seinen gefassten Plan hinaus zusätzliche Wertpapiere erwerbe (sog. alongside purchases).
Rz. 37
Die Insiderverbote sind grds. sog. Jedermann-Delikte, d.h. der mögliche Täterkreis wird gesetzlich nicht begrenzt. Gleichwohl unterscheidet Art. 8 Abs. 4 MMVO weiterhin zwischen sog. Primär- und Sekundärinsidern. Ein Primärinsider ist nach Art. 8 Abs. 4 Unterabs. 1 MMVO, wer über die Insiderinformation verfügt, weil er
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dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Emittenten oder des Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate angehört; |
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am Kapital des Emittenten oder des Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate beteiligt ist; |
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aufgrund der Ausübung einer Arbeit oder eines Berufs oder der Erfüllung von Aufgaben Zugang zu den betreffenden Informationen hat oder |
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an kriminellen Handlungen beteiligt ist. |
Sekundärinsider ist jede Person, die Insiderinformationen unter anderen Umständen als nach Unterabs. 1 erlangt und weiß oder wissen müsste, dass es sich dabei um Insiderinformationen handelt.
Das Verbot gilt nach Art. 8 Abs. 5 MMVO auch für alle natürlichen Person...