Rz. 53
Gem. Art. 18 MMVO sind Emittenten zur Führung von Insiderlisten verpflichtet. Erfasst sind auch MTF- und OTF-Emittenten. Damit soll zunächst eine grds. Sensibilisierung im Umgang mit Insiderinformationen erreicht werden. Der Emittent wird auf diese Weise in verstärktem Maße angehalten, den Fluss einer Insiderinformation und den Zugang zu dieser zu überwachen. Entsprechend sehen die Erwägungsgründe 56 und 57 MMVO vor, dass Insiderlisten insbesondere der Aufsichtsbehörde dazu dienen sollen, Verstöße gegen Insiderverbote aufzuklären sowie dem Emittenten aufgeben, den Informationsfluss zu kontrollieren.
Rz. 54
Neben dem Emittenten selbst sind auch Personen, die im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handeln, verpflichtet, Insiderlisten zu führen. Die Formulierung in Art. 18 Abs. 1 MMVO zu den Listenführungspflichtigen ist insofern missverständlich, da nicht der Emittent "oder" die im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelnden Personen, sondern "und" die im Auftrag oder für Rechnung des Emittenten handelnden Personen zur Führung von Insiderlisten verpflichtet sind. Damit sind Personen gemeint, die Interessen des Emittenten wahrnehmen, in beratenden Berufen für den Emittenten tätig sind oder die im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Emittenten typischerweise mit Insiderinformationen in Berührung kommen (sog. Dienstleister). Die MMVO zählt in Art. 18 Abs. 1 lit. a) beispielhaft einige Dienstleister auf.
Beispiele
Berater, Buchhalter (gemeint sind wohl Abschlussprüfer) und Ratingagenturen, aber auch Rechtsanwälte, Unternehmensberater, Steuerberater, IR-Agenturen, Insolvenzverwalter und Wirtschaftsprüfer. Erfasst werden auch Anbieter elektronischer Informationsverbreitungsdienste und damit etwa die Dienstleister mit deren technischer Unterstützung die Ad hoc-Meldungen verbreitet werden.
Hinweis
Die Pflicht des Emittenten und der Dritten besteht unabhängig voneinander. Ein Emittent wird daher nicht deshalb von seiner Pflicht befreit, weil eine in seinem Auftrag handelnde Person eine eigene Insiderliste führt. Der Listenführungspflichtige kann nach Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 2 MMVO seine Pflicht zur Führung der Insiderliste auch an einen Dritten delegieren. Trotz Delegation der Pflicht zur Führung der Insiderliste bleibt der gem. Art. 18 Abs. 1 MMVO zur Führung der Liste Verpflichtete verantwortlich.
Hinweis
Berater müssen für jeden Emittenten (und grds. für jedes einzelne Projekt) eine eigene Insiderliste führen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es sich bei Art. 18 MMVO um eine von dem jeweiligen Emittenten abgeleitete Verpflichtung handelt; insofern ist die Pflicht zur Führung der Insiderliste stets emittentenbezogen. Dies gilt auch für Nicht-EU-Dienstleister.
Keine Dienstleister i.S.d. Art. 18 MMVO sind – aufgrund des fehlenden Gleichlaufs mit den Interessen des Emittenten – insb. Behörden, Gerichte, Staatsanwaltschaft, Polizei, Notare (sofern sie hoheitlich tätig werden), Lieferanten, Tochter- oder Mutterunternehmen sowie Groß- oder Mehrheitsaktionäre bzw. deren Berater. Bei Kreditinstituten ist zu differenzieren: Werden nur allgemeine Bankdienstleistungen für den Emittenten erbracht, besteht keine Listenführungspflicht. Anders ist dies bei Tätigkeiten im Rahmen von Kapitalmaßnahmen oder M&A-Transaktionen.