1. Aktienrechtlicher Squeeze-out
Rz. 389
Das AktG sieht in den §§ 327a ff. AktG die Möglichkeit eines sog. Squeeze-out vor. Nach § 327a Abs. 1 AktG kann die Hauptversammlung einer AG, KGaA oder SE auf Verlangen eines Aktionärs, dem 95 % des Grundkapitals einer AG, KGaA oder SE gehören (Hauptaktionär), die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) auf den Hauptaktionär gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Der Hauptaktionär hat damit die Möglichkeit, Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung aus der Gesellschaft auszuschließen. Nach § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG wird die Höhe der Barabfindung durch den Hauptaktionär festgesetzt. Grundlage für diese Festsetzung ist nach anerkannter Praxis eine Unternehmensbewertung nach dem Standard IDW S1 (Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen) des Instituts der Wirtschaftsprüfer, die dazu dient, den objektiven Wert des Unternehmens zu bestimmen.
Rz. 390
Eine Anfechtung des Übertragungsbeschlusses der Hauptversammlung kann zwar nicht darauf gestützt werden, dass die vom Hauptaktionär festgesetzte Barabfindung nicht angemessen ist (§ 327f Abs. 1 Satz 1 AktG). Gleichwohl kann die Durchführung eines Squeeze-out – trotz des zur Verfügung stehenden Freigabeverfahrens (§ 327e Abs. 2 i.V.m. § 319 Abs. 6 AktG) – durch eine Anfechtung des Übertragungsbeschlusses erheblich verzögert werden. Darüber hinaus unterliegt die Höhe der festgesetzten Barabfindung der gerichtlichen Überprüfung in einem Spruchverfahren (§ 327f Abs. 1 Satz 2 AktG i.V.m. § 1 Nr. 3 SpruchG), das sich über Jahre hinziehen kann und weitere Kosten verursacht.
2. Übernahmerechtlicher Squeeze-out
Rz. 391
Neben diesen gesellschaftsrechtlichen Squeeze-out tritt die Möglichkeit eines übernahmerechtlichen Squeeze-out. § 39a WpÜG ermöglicht dem Bieter nach Durchführung eines Übernahme- oder Pflichtangebots, innerhalb einer 3-Monatsfrist die verbliebenen Aktionäre der Zielgesellschaft durch einen Gerichtsbeschluss gegen angemessene Abfindung auszuschließen.
a) Erforderliche Beteiligungsquote
Rz. 392
Voraussetzung für den übernahmerechtlichen Squeeze-out ist nach § 39a Abs. 1 WpÜG, dass dem Bieter nach Durchführung des Übernahme- oder Pflichtangebots mindestens 95 % des stimmberechtigten Grundkapitals der Zielgesellschaft gehören.
Rz. 393
Eine besondere Regelung sieht § 39a Abs. 1 Satz 2 WpÜG für den Fall vor, dass die Zielgesellschaft nicht nur über stimmberechtigte Stammaktien, sondern auch über stimmrechtslose Vorzugsaktien verfügt. Gehören dem Bieter nach Durchführung des Übernahme- oder Pflichtangebots nicht nur 95 % der Stimmrechte, sondern zugleich Aktien i.H.v. 95 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft, sind ihm nach § 39a Abs. 1 Satz 2 WpÜG auf Antrag die übrigen Vorzugsaktien ohne Stimmrecht zu übertragen. Damit ist gewährleistet, dass der Bieter das gesamte Grundkapital der Zielgesellschaft erwerben kann.
Rz. 394
Erreicht der Bieter die erforderliche Stimmrechtsquote, sind ihm auf seinen Antrag beim ausschließlich zuständigen LG Frankfurt am Main die übrigen stimmberechtigten Aktien gegen Gewährung einer angemessenen Abfindung durch einen mit Gründen versehenen Gerichtsbeschluss zu übertragen, gegen den allein die sofortige Beschwerde zum OLG Frankfurt am Main statthaft ist (§ 39b Abs. 3 WpÜG).
Rz. 395
Unerheblich ist, auf welche Weise der Bieter die erforderlichen Mehrheiten erreicht. Sie müssen nicht auf der Annahme des Angebots beruhen. So kann der Bieter die für den Ausschluss erforderlichen Schwellenwerte auch durch Transaktionen mit einzelnen Aktionären, z.B. durch Paketerwerbe außerhalb des formellen Angebotsverfahrens, erreicht haben. Voraussetzung ist nach der Gesetzesbegründung jedoch, dass diese Transaktionen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Übernahme- oder Pflichtangebot stehen. Nach Auffassung des BGH sind Erwerbe allerdings nur bis zum Ablauf der erweiterten Annahmefrist zu berücksichtigen. Erwerbe nach Ablauf dieser Frist stünden nicht mehr in dem geforderten engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Angebot.
Hinweis
Nicht zum Squeeze-out nach § 39a WpÜG berechtigt ist der Bieter hingegen bei einem Aktienerwerb aufgrund eines bloßen Aufstockungsangebots,...