Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 97
Nach der Legaldefinition des Verbrauchsgüterkaufs in § 474 Abs. 1 BGB muss als Verkäufer ein Unternehmer und als Käufer ein Verbraucher beteiligt sein. Die §§ 474 ff. BGB gelten also nicht für Kaufverträge zwischen Verbrauchern und auch nicht, wenn der Verbraucher als Verkäufer und der Unternehmer als Käufer am Kaufvertrag beteiligt ist. Ein Verbrauchsgüterkauf setzt außerdem eine kausale Verknüpfung zwischen der unternehmerischen Tätigkeit als solcher und dem in Rede stehenden Geschäft voraus. Davon ist z.B. nicht auszugehen, wenn der Verkäufer eines Gebrauchtwagens Bistrobesitzer ist. Liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor, finden die besonderen Regelungen der §§ 474–479 BGB ergänzend zu den allgemeinen Vorschriften der §§ 433–473 BGB Anwendung. Die Beweislast für das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs trägt der Käufer.
Täuscht der Käufer dem Verkäufer einen gewerblichen Verwendungszweck der Kaufsache vor, ist ihm die Berufung auf die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf verwehrt. Dies gilt auch, wenn der Kaufvertrag durch einen Unternehmer als Strohmann geschlossen wird.
Agenturgeschäfte sind im Gebrauchtwagenhandel als Umgehungsgeschäfte anzusehen, wenn der Gebrauchtwagenhändler bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Händler das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs zu tragen hat, indem er etwa dem Verkäufer einen Mindestpreis garantiert. Der BGH tendiert in dieser Konstellation zur Fiktion eines Vertrags zwischen dem Gebrauchtwagenhändler und dem Käufer. Auch für andere Vertragsgestaltungen gilt: Schiebt ein Unternehmer als Verkäufer einen Verbraucher vor, um die Sache unter Ausschluss der Mängelhaftung zu verkaufen, richten sich die Mängelrechte des Käufers gegen den Unternehmer – dieser muss sich so behandeln lassen, als hätte er selbst den Kaufvertrag abgeschlossen.
aa) Unternehmer
Rz. 98
Unternehmer i.S.d. § 14 BGB ist jeder, der am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbietet. Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Gewerbebetrieb ist nicht erforderlich. Die Unternehmerstellung des Verkäufers setzt auch nicht voraus, dass dieser mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Maßgeblich ist die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verhaltens der Parteien bei Vertragsschluss.
bb) Verbraucher
Rz. 99
Verbraucher ist gem. § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Entscheidend für die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich ist nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäfts. Eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt nur in Betracht, wenn dem Vertragspartner hierfür eindeutige und zweifelsfreie Hinweise vorliegen. Bei der Nutzung der Kaufsache sowohl für private als auch gewerbliche Zwecke ist für die Einordnung entscheidend, welche Benutzung überwiegt.
cc) Kaufgegenstand
Rz. 100
Kaufgegenstand muss gem. § 474 Abs. 1 S. 1 BGB eine neue oder gebrauchte bewegliche Sache sein. Kaufverträge über Rechte oder Grundstücke werden also nicht erfasst. Es handelt sich auch um einen Verbrauchsgüterkauf, wenn er neben dem Verkauf einer beweglichen Sache auch die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand hat, z.B. die Montage oder Anpassung der Kaufsache.
Umstritten ist, ob die §§ 474 ff. BGB auf die Lieferung von Gas, Wasser, Elektrizität und Fernwärme Anwendung finden. Nach h.M. wird Standardsoftware unabhängig von der Art ihrer Übertragung, als bewegliche Sache qualifiziert, vorausgesetzt sie ist zur Verkörperung auf einem Datenträger des Verbrauchers bestimmt.