Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 69
Sofern die Kaufsache einen behebbaren Mangel aufweist, kann der Käufer gem. § 437 Nr. 1 BGB i.V.m. § 439 Abs. 1 BGB nach seiner Wahl Mängelbeseitigung oder Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes gilt § 269 BGB. Bei Fehlen einer Vereinbarung sind daher die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Bei Kauf im Landegeschäft oder eines Kfz ist Erfüllungsort i.d.R. der Wohnsitz des Verkäufers, bei Auf- oder Einbau der Belegenheitsort der Kaufsache. In den übrigen Fällen sollte der Käufer im Streitfall vorsichtshalber die Nachbesserung beim Verkäufer verlangen. Der BGH hat zu der umstrittenen Frage, ob beim Stückkauf die Möglichkeit einer Ersatzlieferung besteht, Stellung genommen und diese bejaht, wenn nach der Vorstellung der Parteien die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann. Das Nacherfüllungsverlangen erfolgt durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung und ist eine Obliegenheit des Käufers. Die Ausübung des Wahlrechts ist als Gestaltungserklärung bedingungsfeindlich und unwiderruflich. Alternativ kann der Käufer dem Verkäufer die Auswahl überlassen. Der Käufer muss den beanstandeten Sach- oder Rechtsmangel bezeichnen und bereit sein, dem Verkäufer die Kaufsache am Erfüllungsort zu Prüfungszwecken zur Verfügung zu stellen.
Der Verkäufer trägt alle zur Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten (§ 439 Abs. 2 BGB).
In Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung bestimmt § 439 Abs. 3 S. 1 BGB, dass der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB (Nachbesserung und Neulieferung) auch den Ausbau der gekauften mangelhaften und den Einbau der nachzubessernden oder als Ersatz zu liefernden Sache umfasst, wenn der Käufer die gekaufte Sache ihrer Art und ihrem Verwendungszweck gemäß in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht hat. Mit der Einbeziehung des "Anbringens" wird klargestellt, dass Verwendungen zur Durchführung einer Ersatzlieferung von Baumaterialien auch dann erfasst werden, wenn diese Baumaterialien nicht im Wortsinne in ein Bauwerk eingebaut, sondern an dieses angebracht werden (z.B. Dachrinnen, Leuchten oder Wandfarbe). Durch die Regelung in § 439 BGB außerhalb der Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) wird klargestellt, dass diese Verpflichtung auch gegenüber einem unternehmerischen Käufer besteht. Dem Käufer wird ausnahmsweise ein Selbstvornahmerecht gewährt, d.h. er kann unabhängig vom Vertretenmüssen direkt Ersatz der Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der mangelfreien Sache verlangen. Der Verkäufer wird insoweit geschützt, dass der Käufer nur den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen kann. Die Verweisung auf § 442 Abs. 1 BGB in § 439 Abs. 3 S. 2 BGB setzt die Vorgaben des EuGH-Urteils um, wonach der Anspruch des Käufers auf Ausbau der mangelhaften und Einbau der als Ersatz zu liefernden Sache voraussetzt, dass der Verbraucher die gekaufte Sache gutgläubig in die andere Sache eingebaut hat.
Darüber hinaus kann der Verkäufer gemäß § 439 Abs. 4 BGB die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung grds. verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Das Verweigerungsrecht gilt für alle Kaufverträge bei relativer Unverhältnismäßigkeit der möglichen Nacherfüllung der verlangten Art im Verhältnis zur anderen möglichen Art der Nacherfüllung und für nicht von § 474 BGB erfasste Kaufverträge auch bei absoluter Unverhältnismäßigkeit, d.h. wenn die vom Käufer gewählte oder einzig mögliche Art der Nacherfüllung für sich allein unverhältnismäßig ist. Bei dem Verweigerungsrecht handelt es sich um eine Einrede. Der Käufer kann daher nicht wegen unverhältnismäßiger Kosten der Nacherfüllung sogleich die Minderung erklären, ohne zuvor dem Verkäufer die Gelegenheit der Nacherfüllung gegeben zu haben. Im Fall der Neulieferung besteht eine Rückgewährpflicht des Käufers (§ 439 Abs. 5 BGB i.V.m. §§ 346–348 BGB analog).