Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
I. Typischer Sachverhalt
Rz. 176
Die Bonner-Loch-Baumaschinen GmbH beabsichtigt, der französischen Firma Les Trous de Paris S.A. einen Bagger des Typs P-2 zur Durchführung von Tiefbauarbeiten zu verkaufen. Sie sucht anwaltlichen Rat zum Aufsetzen des Kaufvertrags.
II. Rechtliche Grundlagen
1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Rz. 177
Seit dem 1.1.1991 gilt das UN-Kaufrecht in Deutschland für grenzüberschreitende Warenkaufverträge mit Bezug zu mindestens einem Vertragsstaat, vgl. Art. 1 Abs. 1, 2 UN-Kaufrecht.
2. Räumlicher Anwendungsbereich
Rz. 178
Derzeit gilt das UN-Kaufrecht für 94 Staaten, wobei zum Teil Vorbehalte gem. Art. 92 UN-Kaufrecht erklärt wurden. Zuletzt sind als weitere Vertragsstaaten die Volksrepublik Korea (1.4.2020), Liechtenstein (1.5.2020) und Portugal (23.9.2020) hinzugekommen. Nach der englischen Brexit-Entscheidung ist nicht zu erwarten, dass das Vereinigte Königreich das UN-Kaufrecht ratifiziert.
Soweit der Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts eröffnet ist, verdrängt es sowohl das deutsche Internationale Privatrecht als auch die kaufrechtlichen Bestimmungen von BGB und HGB. Die Gerichte der Vertragsstaaten haben das UN-Kaufrecht grundsätzlich von Amts wegen anzuwenden, wobei die Parteien das UN-Kaufrecht ausschließen können.
Nach Art. 1 UN-Kaufrecht stellt das UN-Kaufrecht auf die Niederlassung der Vertragsparteien ab, die zwar Unternehmer, aber nicht Kaufleute sein müssen. Wenn die Kaufvertragsparteien ihre Niederlassungen in verschiedenen Vertragsstaaten haben, kommt UN-Kaufrecht gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a UN-Kaufrecht zur Anwendung. Gem. Art. 1 lit. b UN-Kaufrecht kann das Übereinkommen selbst dann Anwendung finden, wenn eine oder sogar beide Parteien ihre Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat haben, sofern Vorschriften des IPR auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen. Ergibt sich aus Art. 27 ff. EGBGB, dass deutsches Recht anzuwenden ist, kommt das UN-Kaufrecht in diesem Fall als deutsches Recht zur Anwendung, da das UN-Kaufrecht das deutsche Recht für internationale Kaufverträge ist (Art. 1 Abs. 1 lit. b UN-Kaufrecht). Der BGH hat in einem deutsch-italienischen Kaufrechtsfall festgestellt, dass die "Vereinbarung der Geltung des deutschen materiellen Rechts für sich genommen nicht als Ausschluss des CISG angesehen werden kann, weil von der Verweisung auf deutsches Recht auch das CISG als dessen Bestandteil erfasst wird". Das OLG München hat demgegenüber festgestellt, dass bereits die Vereinbarung deutschen Rechts den Ausschluss des UN-Kaufrechts zur Konsequenz habe. Praktische Folge ist, dass auch für den Export aus Deutschland in Nicht-Vertragsstaaten häufig UN-Kaufrecht gilt. Auf reine Inlandsgeschäfte findet das UN-Kaufrecht keine Anwendung. Eine Rückkaufvereinbarung, die die Parteien zusammen mit einem UN-Kaufrechtskauf abgeschlossen haben, fällt ebenfalls unter das UN-Kaufrecht. In der Praxis kommt es häufig vor, dass die Parteien im Vertrag die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts ausdrücklich bestimmen.
3. Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 179
Gegenstand des UN-Kaufrechts sind Kaufverträge übe...