Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 146
Nach Vertragsschluss, aber vor vollständiger Erfüllung, ergeben sich für den Unternehmer aus § 312f Abs. 2 BGB weitere Dokumentationspflichten. Für den Verbraucher eröffnet § 312g BGB die Möglichkeit, den Vertrag nach § 355 BGB zu widerrufen. § 355 BGB regelt das Widerrufsrecht einheitlich für alle verbraucherschutzrechtlichen Regelungen.
aa) Dokumentationspflichten
Rz. 147
Der Unternehmer ist nach § 312f Abs. 2 BGB verpflichtet, dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrags, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Diese Bestätigung muss die in Art. 246a EGBGB genannten Angaben enthalten, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Information bereits vor Vertragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 BGB auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt. Als dauerhafte Datenträger kommen z.B. E-Mail, Fax, CD-ROM, DVD und USB-Stick in Betracht. Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
bb) Widerruf
Rz. 148
Sofern kein Ausnahmetatbestand nach § 312g Abs. 2 und 3 BGB besteht, kann der Verbraucher seine Willenserklärung gem. § 312g Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB auch nach Vertragsabschluss widerrufen.
(1) Widerrufserklärung
Rz. 149
Der Widerruf bedarf keiner Begründung (§ 355 Abs. 1 S. 4 BGB) und ist innerhalb von 14 Tagen (§ 355 Abs. 2 BGB) gegenüber dem Unternehmer (§ 355 Abs. 1 S. 2 BGB) zu erklären. Die Widerrufserklärung kann formlos erfolgen, also auch mündlich, telefonisch, per Fax oder E-Mail. Nicht ausreichend ist hingegen die kommentarlose Rücksendung der Ware. Aufgrund der Beweislast des Verbrauchers für die Rechtzeitigkeit des Widerrufs (siehe Rdn 150) ist die Einhaltung der Textform (§ 126b BGB) ratsam. Nach § 356 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen dem Verbraucher dafür auch das Muster-Widerrufsformular nach Anlage 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB oder die Widerrufserklärung per Webseite oder über ein eigenes Formular zur Verfügung stellen. Macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss der Unternehmer dem Verbraucher den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen (§ 356 Abs. 1 S. 2 BGB).
(2) Widerrufsfrist
Rz. 150
Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB beträgt die Widerrufsfrist regelmäßig 14 Tage. Zur Fristwahrung genügt gem. § 355 Abs. 1 S. 5 BGB die rechtzeitige Absendung. Die Widerrufsfrist beginnt mit Vertragsschluss, wenn nichts anderes bestimmt ist (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB). Für Verbrauchsgüterkäufe im Rahmen des Fernabsatzes gelten die Sonderbestimmungen in § 356 Abs. 2 und 3 BGB. Nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) beginnt die Widerrufsfrist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die Ware erhalten hat. Abweichende Regelungen gelten für mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) BGB), Teilsendungen (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. c) BGB) und regelmäßige Lieferungen (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. d) BGB). Nach § 356 Abs. 3 BGB beginnt die Widerrufsfrist allerdings nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher über das Widerrufsrecht entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB unterrichtet hat. Jedenfalls dem Wortlaut zufolge ist dabei auf die vorvertragliche Informationspflicht abzustellen (siehe Rdn 141). In der Literatur wird diskutiert, ob nach Systematik und Verbraucherschutzgedanke dennoch auf die Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger abzustellen ist (siehe Rdn 147). Das Widerrufsrecht erlischt spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem in § 356 Abs. 2 BGB oder § 355 Abs. 2 S. 2 BGB genannten Zeitpunkt (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB).
Nach § 361 Abs. 2 BGB ist eine vertragliche Modifikation der gesetzlichen Bestimmungen zum Widerrufsrecht, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (z.B. in § 357 Abs. 3 S. 2 BGB), nur zugunsten des Verbrauchers möglich; insbesondere eine Verkürzung der Widerrufsfrist ist unwirksam.
Die Beweislast für den maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist trägt der Unternehmer.
(3) Durchführung des Widerrufs
Rz. 151
Mit Erklärung des Widerrufs entfällt die Bindung des Verbrauchers an seine Willenserklärung, der Vertrag wandelt sich mit ex nunc-Wirkung in ein Rückgewährschuldverhältnis um (§§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB). Anspruchsgrundlage für die jeweilige Rückgewährpflicht ist § 355 Abs. ...