Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 103
§ 476 BGB erklärt in bestimmten Fällen gesetzliche Käuferrechte für unabdingbar. Der Unternehmer kann sich hier auf eine anderweitige Gestaltung nicht berufen, d.h. der Kaufvertrag bleibt wirksam und es gelten die gesetzlichen Vorschriften.
aa) Abweichende Vereinbarungen
Rz. 104
Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433–435, 437, 439–443, 474–479 BGB abweichen, sind unzulässig, soweit sie vor der Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher getroffen wurden (§ 476 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Abweichung zum Nachteil des Verbrauchers besteht immer dann, wenn dessen gesetzliche Rechte ausgeschlossen oder in irgendeiner Weise beschränkt werden (z.B. Mängelanzeige oder vorherige Inanspruchnahme Dritter). Eine Regelung, die dem Käufer gestattet, Ansprüche auf Mängelbeseitigung auch gegenüber (vom Hersteller anerkannten) Fachbetrieben geltend zu machen, ihn aber für diesen Fall zur Benachrichtigung des Verkäufers verpflichtet, ist hingegen zulässig, da sie die Rechte des Verbrauchers lediglich erweitert. Eine dem Verbraucher nachteilige Abweichung liegt auch dann nicht vor, wenn der Verkäufer den Käufer vor Vertragsschluss über konkrete Mängel tatsächlich in Kenntnis setzt und damit einen gesetzlichen Haftungsausschluss nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB herbeiführt. Der Mängelhinweis muss sich allerdings auf bestimmte Eigenschaften beziehen und darf nicht im krassen Widerspruch zu den übrigen Vertragsregelungen stehen. Eine Mängelliste "ins Blaue hinein" ist unzulässig; es muss vielmehr ein konkreter Anlass für die Vereinbarung bestehen. In der gebräuchlichen Klausel "gekauft wie gesehen" liegt keine zulässige Beschaffenheitsvereinbarung etwa in Bezug auf den (unbekannten) "Ist-Zustand" der Kaufsache, noch erfüllt sie die Anforderungen eines gesetzlichen Haftungsausschlusses (vgl. Rdn 77).
Die Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher muss die Tatsache bezeichnen, die den angezeigten Mangel ausmacht. Sie muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Verbraucher die Vertragswidrigkeit geltend macht. Einem Vergleich nach Mängelanzeige steht § 476 BGB nicht entgegen.
Das Verbot nachteilsbegründender anderer Vereinbarungen gilt gem. § 476 Abs. 3 BGB nicht für Schadensersatzansprüche (§§ 437 Nr. 3, 440, 280 ff. BGB); diese können grds. für Schäden, die auf grober oder einfacher Fahrlässigkeit beruhen, ausgeschlossen werden (§§ 276 Abs. 1, 278 BGB) – mit Ausnahme unwirksamer AGB (§§ 307 ff. BGB).
bb) Verjährung
Rz. 105
§ 476 Abs. 2 BGB verbietet vor Mitteilung eines Mangels die Erleichterung der Verjährung der Mängelansprüche (§ 437 BGB) des Käufers durch Rechtsgeschäft, wenn dadurch die Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn bei neuen Sachen auf weniger als zwei Jahre, bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr verkürzt wird. Die Erleichterung kann auch durch die Vorverlegung des Verjährungsbeginns erreicht werden, indem auf einen früheren Zeitpunkt als die Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB) abgestellt wird. Die von § 476 Abs. 2 Alt. 2 BGB vorgesehene Möglichkeit der vertraglichen Verjährungsverkürzung bei gebrauchten Sachen ist allerdings richtlinienwidrig.
Rz. 106
Beim Tierkauf stellt sich im Rahmen des § 476 Abs. 2 BGB die Frage, wann ein Tier als gebraucht gilt. Ein Teil der Literatur sieht Tiere immer als gebraucht an, also ab ihrer Geburt; andere stufen Tiere ab dem Zeitpunkt als gebraucht ein, in dem sie ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt werden. Jedenfalls junge Haustiere sieht der BGH als neu an.