Dr. Jessica Hanke, Katja Schmitz
Rz. 68
Es besteht kein Unterschied in den Rechtsfolgen zwischen Sach- und Rechtsmängeln. Die in § 437 BGB genannten Käuferrechte gelten für Sach- und Rechtsmängel gleichermaßen. Weist die Kaufsache einen Mangel auf, so hat der Käufer das Recht, Nacherfüllung zu verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB), den Kaufpreis zu mindern (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB) oder vom Kaufvertrag zurückzutreten (§§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB). Stattdessen kann ihm auch ein Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 283 und 311a BGB oder ein Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach §§ 437 Nr. 3, 284 BGB zustehen. Der Nacherfüllungsanspruch hat allerdings gegenüber den weiteren Rechten des Käufers Vorrang. Aus § 281 Abs. 1 BGB ergibt sich das Erfordernis der Fristsetzung seitens des Käufers gegenüber dem Verkäufer, bevor er nach erfolglosem Ablauf der Frist Schadensersatz statt der Leistung verlangen kann. Entsprechendes bestimmt § 323 Abs. 1 BGB bezüglich des Rücktrittrechts. Auf die Minderung findet § 323 Abs. 1 BGB analoge Anwendung.
Beseitigt der Käufer den Mangel selbst, verliert er (wegen § 275 BGB) nicht nur das Recht auf Nacherfüllung, sondern auch die Rechte aus § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB. Nach einem Teil der Literatur soll sich der Verkäufer im Wege einer analogen Anwendung des § 326 Abs. 2 BGB die Kosten der von ihm ersparten Reparatur auf den Kaufpreis anrechnen lassen müssen. Der BGH verneint jedoch eine analoge Anwendung mangels Regelungslücke. Die Vornahme eines Deckungskaufs führt nach dem BVerfG nicht zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung, da sie weder die Möglichkeit der Nachbesserung durch Reparatur der mangelhaften Kaufsache noch die Möglichkeit der Ersatzlieferung durch Lieferung eines weiteren mangelfreien Stücks beeinträchtigt.
aa) Nacherfüllung
Rz. 69
Sofern die Kaufsache einen behebbaren Mangel aufweist, kann der Käufer gem. § 437 Nr. 1 BGB i.V.m. § 439 Abs. 1 BGB nach seiner Wahl Mängelbeseitigung oder Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes gilt § 269 BGB. Bei Fehlen einer Vereinbarung sind daher die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Bei Kauf im Landegeschäft oder eines Kfz ist Erfüllungsort i.d.R. der Wohnsitz des Verkäufers, bei Auf- oder Einbau der Belegenheitsort der Kaufsache. In den übrigen Fällen sollte der Käufer im Streitfall vorsichtshalber die Nachbesserung beim Verkäufer verlangen. Der BGH hat zu der umstrittenen Frage, ob beim Stückkauf die Möglichkeit einer Ersatzlieferung besteht, Stellung genommen und diese bejaht, wenn nach der Vorstellung der Parteien die Kaufsache im Falle ihrer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann. Das Nacherfüllungsverlangen erfolgt durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung und ist eine Obliegenheit des Käufers. Die Ausübung des Wahlrechts ist als Gestaltungserklärung bedingungsfeindlich und unwiderruflich. Alternativ kann der Käufer dem Verkäufer die Auswahl überlassen. Der Käufer muss den beanstandeten Sach- oder Rechtsmangel bezeichnen und bereit sein, dem Verkäufer die Kaufsache am Erfüllungsort zu Prüfungszwecken zur Verfügung zu stellen.
Der Verkäufer trägt alle zur Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten (§ 439 Abs. 2 BGB).
In Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung bestimmt § 439 Abs. 3 S. 1 BGB, dass der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB (Nachbesserung und Neulieferung) auch den Ausbau der gekauften mangelhaften und den Einbau der nachzubessernden oder als Ersatz zu liefernden Sache umfasst, wenn der Käufer die gekaufte Sache ihrer Art und ihrem Verwendungszweck gemäß in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht hat. Mit der Einbeziehung des "Anbringens" wird klargestellt, dass Verwendungen zur Durchführung einer Ersatzlieferung von Baumaterialien auch dann erfasst werden, wenn diese Baumaterialien nicht im Wortsinne in ein Bauwerk eingebaut, sondern an dieses angebracht werden (z.B. Dachrinnen, Leuchten oder Wandfarbe). Durch die Regelung in § 439 BGB außerhalb der Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) wird klargestellt, dass diese Verpflichtung auch gegenüber einem unternehmerischen Käufer besteht. Dem Käufer wird ausnahmsweise ein Selbstvornahmerecht gewährt, d.h. er kann unabhängig vom Vertretenmüssen direkt Ersatz der Aufwendungen für da...